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98. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

erteilt am 07.10.2014

1. Genehmigungsinhaber(in)

Universitätsklinikum Essen

2. Zell-Linien

Die vorgesehenen Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H7 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HES-4 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • I3 (Technion-Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I4 (Technion-Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I6 (Technion-Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • KhES-1 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Kyoto, Japan)
  • KhES-2 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Kyoto, Japan)
  • KhES-3 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Kyoto, Japan)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linie(n).

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Ziel der genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen ist es, jene Vorgänge besser zu verstehen, die auf molekularer und zellulärer Ebene bei der Entstehung des Retinoblastoms (Rb) ablaufen, und dabei ggf. jene retinalen Zelltypen zu identifizieren, die Ausgangspunkt für die Entstehung des Retinoblastoms sind. Hierfür sollen zunächst die für die Differenzierung pluripotenter Stammzellen zu retinalem Neuroepithel erforderlichen Vorgehensweisen etabliert und ggf. optimiert werden. Dann sollen Mutationen im Rb1-Gen in hES-Zellen erzeugt und deren Effekt auf die Differenzierung der Zellen zu neuraler Retina analysiert werden, wobei die Konsequenzen von genetischen Veränderungen verschiedener Regionen des Rb1-Gens, hetero- und homozygoter Mutationen sowie multipler genetischer Veränderungen im Rb1-Gen untersucht werden sollen. Die eingehende Analyse insbesondere des Transkriptoms und des Epigenoms der sich differenzierenden Zellen soll zur Isolierung von retinalen Vorläuferzellpopulationen führen, deren Eigenschaften aufgrund der Mutationen im Rb1-Gen verändert sind und die ggf. Tumorvorläuferzellen darstellen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung und des RKI hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn für die Grundlagenforschung. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Das Retinoblastom ist ein juveniler Tumor des Auges, der in jedem Fall mit einer biallelischen Inaktivierung des Rb1-Gens einhergeht. Zwar wurden das Rb1-Gen und seine Produkte aufgrund ihrer herausragenden Rolle bei der Zellzyklus-Regulation und Tumorentstehung seit Jahrzehnten intensiv untersucht, jedoch sind die weiteren Ereignisse auf genetischer und zellulärer Ebene, die zur Entstehung des Retinoblastoms führen, nicht vollständig verstanden.
Gegenstand des Vorhabens ist es, die molekularen Konsequenzen von spezifischen Mutationen im Rb1-Gen für die Differenzierung von neuraler Retina aus hES-Zellen zu untersuchen und zur Identifizierung jener Zelltypen beizutragen, die den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Retinoblastoms darstellen. Bereits die im ersten Teil des Vorhabens vorgesehene Etablierung und Optimierung der Protokolle für die Differenzierung von hES-Zellen zu Zellen der neuralen Retina können zur Verbesserung der Protokolle zur Gewinnung dieser Zellen in vitro sowie zu neuen Erkenntnissen über die Eigenschaften der Vorläuferzellen verschiedener Zelltypen der neuralen Retina beitragen.
Im weiteren Verlauf des Vorhabens sollen im Rb1-Gen von hES-Zellen mittels neuartiger und ggf. ebenfalls zu optimierender Methoden spezifische Mutationen erzeugt und die mutierten hES-Zellen zu Zellen der neuralen Retina differenziert, Unterschiede zu wildtyp-Zellen ermittelt und mögliche Differenzierungsdefekte bestimmt werden. Aus den geplanten Untersuchungen der Genexpressionsprofile und Epigenome können voraussichtlich zum einen Rückschlüsse auf Signaltransduktionswege gezogen werden, die an der Differenzierung beteiligt und in sich entwickelnden retinalen Zellen infolge bestimmter Mutationen im Rb1-Gen verändert sind. Zum anderen werden Erkenntnisse darüber erwartet, welche Differenzierungsprozesse infolge bestimmter Mutationen im Rb1-Gen ggf. gestört sind und ob ein Zusammenhang zwischen spezifischen Rb1-Mutationen und bestimmten Entwicklungs- und Differenzierungsdefekten besteht, die beispielsweise mit spezifischen Veränderungen im Genom, im Expressionsmuster oder in den epigenetischen Eigenschaften, mit Defiziten in der Differenzierungsfähigkeit oder mit einem erhöhten onkogenen Risiko einhergehen. Insgesamt besteht die Aussicht, jene Zelltypen der Retina identifizieren zu können, die den Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Retinoblastoms darstellen. Die genehmigten Forschungsarbeiten können somit zu einem verbesserten Verständnis von den molekularen und zellulären Ursachen des Retinoblastoms führen und zur Klärung der Fragen beitragen, ob und wenn ja welche Mutationen im Rb1-Gen notwendig bzw. hinreichend sind, um eine Transformation bestimmter retinaler Zellen zu bewirken.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Zu Fragen der Differenzierung von hES-Zellen zu Zellen der neuralen Retina liegen mehrere Studien vor. Im genehmigten Vorhaben soll eine bereits publizierte Vorgehensweise genutzt und optimiert werden, mittels derer aus hES-Zellen erfolgreich die relevanten Zelltypen der neuralen Retina erzeugt wurden, wie beispielsweise Photorezeptorzellen, Ganglionzellen und Vorläuferzellen von Interneuronen, aus denen sich später die retinalen amakrinen Zellen und Horizontalzellen entwickeln. Auch die zur genetischen Veränderung von hES-Zellen vorgesehene Methode (basierend auf dem CRISP-Cas9-System) wurde außerhalb Deutschlands bereits erfolgreich an hES-Zellen erprobt.

Der ursächliche Zusammenhang von Mutationen im Rb1-Gen und der Entstehung des Retinoblastoms ist seit Jahrzehnten bekannt. Zur Frage, welcher Zelltyp der Retina als Ausgangspunkt für die Entwicklung dieses Tumors in Frage kommt, liegen in der Literatur unterschiedliche Befunde vor, wobei Photorezeptoren des Stäbchen- und Zapfen-Typs, ein (bislang ggf. nicht identifizierter) retinaler Vorläuferzelltyp und/oder Vorläuferzellen der Müller-Gliazellen als primär vom Retinoblastom betroffene Zelltypen in Frage kommen. In den vergangenen Jahren wurden durch konditionellen knock out von Genen der Rb-Familie verschiedene Mausmodelle für das humane Retinoblastom hergestellt. Die murinen Retinoblastome zeigen zwar in phänotypischer Hinsicht eine große Ähnlichkeit zu den humanen Tumoren, jedoch bestehen bereits innerhalb verschiedener Mausmodelle erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Progression und Penetranz der Tumore. Zudem bestehen erhebliche Unterschiede in der Euploidie humaner und (artifiziell erzeugter) muriner Retinoblastome, und die Retinoblastome in beiden Spezies weisen grundlegende Unterschiede in ihren epigenetischen Mustern auf. Hinzu kommt, dass beim Menschen offenbar der biallelische Verlust des Rb1-Gens für die Entwicklung eines Retinoblastoms hinreichend ist, während in der Maus – selbst vor dem Hintergrund einer p53-Inaktivierung –zusätzlich eine Inaktivierung weiterer Gene der Rb-Familie erfolgen muss, um die Entstehung eines Retinoblastoms zu initiieren. Überdies bestehen Unterschiede in der Expression von Genen der Rb-Familie zwischen Maus und Mensch. Angesichts dieser Erkenntnisse ist nicht zu erwarten, dass denkbare weitere Voruntersuchungen im Mausmodell einen erheblichen weiteren Erkenntnisse erbringen würden, der für die Klärung der Fragestellung nach dem Einfluss von Rb1-Mutationen auf die Genese des Retinoblastoms und nach dem hierfür maßgeblichen retinalen Zelltyp beim Menschen relevant wären.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Aufgrund der genannten Unterschiede in der Rolle von Genen der Rb-Familie und ihrer Genprodukte bei der Genese des Retinoblastoms bei Maus und Mensch ist davon auszugehen, dass ohne weiteres keine Rückschlüsse auf die Genese des Retinoblastoms beim Menschen aus Ergebnissen gezogen werden können, die allein unter Verwendung von murinen (ES-)Zellen gewonnen wurden. Hinzu kommt, dass die retinale Differenzierung muriner und humaner ES-Zellen deutliche Unterschiede aufweist. Aus hES-Zellen gebildete neurale Retina enthält beispielsweise deutlich mehr Zellschichten als aus murinen ES-Zellen abgeleitete Retina. Zudem weist aus hES-Zellen hergestelltes neurales retinales Epithel eine starke spontane apikale Eversion auf, die bei Verwendung von murinen ES-Zellen als Ausgangsmaterial nicht beobachtet werden konnte. Schließlich zeigte aus hES-Zellen abgeleitete neurale Retina gleichermaßen die Fähigkeit zur Bildung von Photorezeptoren des Stäbchen- und Zapfentyps, während in aus murinen ES-Zellen gebildeter neuraler Retina kaum Zapfen auftraten. Insofern bestehen offenbar auch erhebliche Unterschiede in den Prozessen der (frühen) Retina-Differenzierung zwischen Maus und Mensch, die murine Zellen für die Klärung der aufgeworfenen Forschungsfragen ungeeignet machen. Die Verwendung humaner Zellen ist hier erforderlich.

Im Forschungsvorhaben sollen mögliche Veränderungen der Eigenschaften neuraler retinaler Zellen infolge einer Rb1-Inaktivierung über den gesamten Prozess der retinalen Differenzierung erfasst und analysiert werden. Dies erfordert die Verwendung pluripotenter Stammzellen, da nur unter Nutzung dieser Zellen der gesamte Prozess der retinalen Differenzierung, von der undifferenzierten Stammzelle bis hin zur terminal differenzierten Sinneszelle, untersucht werden kann. Fötale retinale Zellen, die ggf. aus abgetriebenen Föten gewonnen werden könnten, bzw. adulte retinale Zellen des Menschen haben wesentliche, hier interessierende Entwicklungsstadien der neuralen Retina bereits durchlaufen. Zudem können sie nach derzeitigem Kenntnisstand nicht in der für die Projektdurchführung notwendigen Qualität und Menge reproduzierbar gewonnen werden. Ferner ist nicht bekannt, ob und inwieweit solche Zellen den für die Projektdurchführung erforderlichen genetischen Veränderungen zugänglich sind.

Das Forschungsziel lässt sich voraussichtlich auch nicht durch Nutzung von hiPS-Zellen erreichen. Die Untersuchungen müssen vor einem genetischen Hintergrund stattfinden, der nach Möglichkeit keinerlei Veränderungen gegenüber dem wildtyp-Zustand aufweist. hiPS-Zellen enthalten aber ggf. bereits Mutationen, die sich in den Zellen des Spenders der Ausgangszellen für die Herstellung der hiPS-Zellen akkumuliert haben. Zudem können in hiPS-Zellen – beispielsweise infolge des mit der Reprogrammierung verbundenen zellulären Stresses – genetische Veränderungen in codierenden Genen und Variationen in der Kopienzahl bestimmter DNA-Abschnitte (copy number variations, CNV) auftreten. Problematisch kann auch eine Reaktivierung der zur Reprogrammierung verwendeten (Onko)Gene sein, was zu einer veränderten Genexpression führen und möglicherweise das Differenzierungsverhalten beeinflussen sowie zur Transformation der Zellen beitragen kann. Die Nutzung von humanen embryonalen Stammzellen zur Erreichung der Forschungsziele ist folglich erforderlich.

Stand: 07.10.2014

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