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Themenblatt: Armut

Kernaussagen

  • Armut kann die Entwicklung einer Adipositas bei Kindern und Jugendlichen begünstigen.
  • Laut Mikrozensus (2018) sind in Deutschland 20 % der Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet.
  • Laut Grundsicherungsstatistik (2018) leben in Deutschland 14 % der Kinder und Jugendlichen in Haushalten, die Leistungen nach SGB II beziehen.

Hintergrund

Armut kann die Entwicklung einer Adipositas bei Kindern und Jugendlichen fördern [1-3]. Zum einen können geringe finanzielle Ressourcen den Zugang zu „gesunden“ Lebensmitteln und körperlich aktiven Freizeitbeschäftigungen erschweren [4-6]. Zum anderen geht finanzielle Armut häufig mit weiteren Formen sozialer Benachteiligung wie dem Aufwachsen in sozial benachteiligten Wohnquartieren einher, die ihrerseits die Entwicklung einer Adipositas begünstigen können [7]. Die Armutsgefährdung wird häufig über die Armutsrisikoquote ermittelt. Diese beschreibt den Anteil der Personen, die in Haushalten leben, deren Einkommen weniger als 60 % des mittleren Äquivalenzeinkommens aller Haushalte in Deutschland beträgt. Weil sich die Armutsrisikoquote auf die Einkommensverhältnisse einer bestimmten Bevölkerung bezieht, handelt es sich hierbei um ein Maß der relativen Armut, welches das Risiko für Einkommensarmut beschreibt. Darüber hinaus wird häufig der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die in Bedarfsgemeinschaften nach Sozialgesetzbuch II (SGB II) leben, als Indikator für besonders von Armut bedrohte Kinder und Jugendliche herangezogen. Neben einer oft durch andauernde Arbeitslosigkeit geprägten prekären finanziellen Situation, haben Kinder und Jugendliche, deren Eltern Leistungen nach SGB II beziehen, schlechtere Bildungschancen und häufig eine geringere soziale Teilhabe [8].

Indikatoren und Datenquellen

Indikatoren sind die Armutsrisikoquote von 0- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen (Indikator G.1.1) und der Anteil der 0- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen, die in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II leben (Indikator G.1.2).

Datenquellen sind der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes und die Statistik der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die von der Bundesagentur für Arbeit geführt wird. Der Mikrozensus ist eine repräsentative Haushaltsbefragung, bei der jährlich rund 830.000 in Deutschland lebende Personen (ca. 1 % der Bevölkerung) zu ihren Lebensbedingungen befragt werden [11]. Die Teilnahme am Mikrozensus ist für die ausgewählten Personen verpflichtend. Unter anderem liefert der Mikrozensus aussagekräftige Daten über die Bevölkerungsstruktur sowie die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung. Anhand der Angaben zum Haushaltsnettoeinkommen und zur Haushaltszusammensetzung kann das Äquivalenzeinkommen der Haushalte berechnet und die Armutsrisikoquote von Kindern und Jugendlichen ermittelt werden. Das Äquivalenzeinkommen wird herangezogen, um die höheren Bedarfe von Haushalten mit Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen.

Die monatlich aktualisierte Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende basiert auf den Geschäftsdaten der Jobcenter und ermöglicht Aussagen über den Anteil der Kinder und Jugendlichen, die in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II leben [12].

Ergebnisse

Den Ergebnissen des Mikrozensus (2018) zufolge sind in Deutschland 20 % der Kinder und Jugendlichen von Armut gefährdet (Indikator G.1.1). Zwischen den Bundesländern unterscheiden sich die Armutsrisikoquoten teilweise deutlich. Am niedrigsten sind sie mit 13 % und 15 % in Bayern und Baden-Württemberg, am höchsten mit 28 % und 36 % in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Auf Bundesebene sind die Armutsrisikoquoten von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren relativ konstant geblieben. In einigen Bundesländern – vor allem in den östlichen – sind sie meist ausgehend von einem hohen Niveau gesunken, in anderen Bundesländern sind sie leicht gestiegen oder weitgehend unverändert geblieben.

Informationsgrafik: Anteil der 0- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen, die in Haushalten leben, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 % des mittleren Äquivalenzeinkommens aller Haushalte in Deutschland beträgt (in Prozent). Quelle: © RKI

Laut Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende (2018) leben in Deutschland 14 % der Kinder und Jugendlichen in Haushalten, die Leistungen nach SGB II erhalten (Indikator G.1.2). Zwischen den Bundesländern unterscheiden sich die Anteile teilweise deutlich. Am niedrigsten sind sie mit 7 % und 8 % in Bayern und Baden-Württemberg, am höchsten mit 29 % und 32 % in Berlin und Bremen. In den vergangenen Jahren haben sich die Anteile der Kinder und Jugendlichen, die in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II leben, auf Bundesebene nur geringfügig verändert. Auf Länderebene zeigt sich allerdings, dass die Anteile vor allem in den östlichen Bundesländern gesunken sind, während sie in anderen Bundesländern leicht gestiegen oder konstant geblieben sind.

Informationsgrafik: Anteil der 0- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen, die in Haushalten leben, die Leistungen nach Sozialgesetzbuch II erhalten (in Prozent). Quelle: © RKI

Einordnung der Ergebnisse

Die vorgestellten Ergebnisse verdeutlichen, dass in Deutschland zahlreiche Kinder und Jugendliche in armutsgefährdeten Familien leben. Geringe finanzielle Ressourcen können ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen erschweren und die Entwicklung einer Adipositas begünstigen [1-3]. Neben der Umsetzung sozialpolitischer Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Lage armutsgefährdeter Bevölkerungsgruppen ist es wichtig, gesundheitsförderliche Verhältnisse in den Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen zu schaffen [13]. Hierzu gehören z. B. ansprechende Bewegungsräume in Wohnquartieren und ein ausgewogenes Verpflegungsangebot in Kitas und Schulen. Dies gilt insbesondere in Wohnquartieren mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher, die besonders häufig von Adipositas betroffen sind [14]. Des Weiteren werden unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Maßnahmen gefordert, die finanziell schlechter gestellten Familien den Zugang zu gesunden Lebensmitteln erleichtern [13]. In Deutschland wird von Expertinnen und Experten z. B. die Einführung einer „gesunden“ Mehrwertsteuer diskutiert, die eine Anpassung der Mehrwertsteuersätze entsprechend dem gesundheitlichen „Wert“ von Lebensmitteln vorsieht [15].

Infobox: Armutsrisikoquote

Die Armutsrisikoquote gibt an, wie hoch der Anteil der Personen ist, deren Äquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsrisikoschwelle liegt (relative Armut). Die Armutsrisikoschwelle entspricht 60 % des Mittelwertes (Median) der Äquivalenzeinkommen aller Haushalte in Deutschland (Bundesmedian) bzw. in einem Bundesland (Landesmedian). Das Äquivalenzeinkommen ist ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen, das unter Berücksichtigung der Anzahl und des Alters der Haushaltsmitglieder anhand der neuen Skala der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) berechnet wird [9].

Infobox: Bedarfsgemeinschaften

Als Bedarfsgemeinschaften nach SGB II gelten gemeinsam wirtschaftende Haushalte, in denen mindestens eine erwerbsfähige Person lebt, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II hat [10]. Hierzu gehört unter anderem der Bezug von Arbeitslosengeld II („Hartz IV“).

Literatur

  1. Wu S, Ding Y, Wu F et al. (2015) Socio-economic position as an intervention against overweight and obesity in children: a systematic review and meta-analysis. Scientific Reports 5:11354
  2. Barriuso L, Miqueleiz E, Albaladejo R et al. (2015) Socioeconomic position and childhood-adolescent weight status in rich countries: a systematic review, 1990–2013. BMC Pediatrics 15:129
  3. Shrewsbury V, Wardle J (2008) Socioeconomic status and adiposity in childhood: a systematic review of cross-sectional studies 1990-2005. Obesity 16(2):275-284
  4. Hesketh K, Lakshman R, Sluijs E (2017) Barriers and facilitators to young children's physical activity and sedentary behaviour: a systematic review and synthesis of qualitative literature. Obesity Reviews 18(9):987-1017
  5. Rao M, Afshin A, Singh G et al. (2013) Do healthier foods and diet patterns cost more than less healthy options? A systematic review and meta-analysis. BMJ Open 3(12):e004277
  6. Kersting M, Claussen K (2007) Wie teuer ist eine gesunde Ernährung für Kinder und Jugendliche? Die Lebensmittelkosten der Optimierten Mischkost als Referenz für sozialpolitische Regelleistungen. Ernährungs Umschau 54(9):508-513
  7. Lovasi GS, Hutson MA, Guerra M et al. (2009) Built environments and obesity in disadvantaged populations. Epidemiologic Reviews 31(1):7-20
  8. Tophoven S, Wenzig C, Lietzmann T (2015) Kinder- und Familienarmut: Lebensumstände von Kindern in der Grundsicherung. Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung und Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
  9. Statistisches Bundesamt (Destatis) (2020) OECD-Skala. www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Sozialberichterstattung/Glossar/oecd-skala.html (Stand: 19.05.2020)
  10. Bundesagentur für Arbeit (2017) Glossar der Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II der Bundesagentur für Arbeit. Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg
  11. Statistisches Bundesamt (Destatis) (2020) Was ist der Mikrozensus? www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Mikrozensus.html (Stand: 21.04.2020)
  12. Bundesagentur für Arbeit (2020) Statistik der Grundsicherung für Arbeitssuchende. www.statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchende-SGBII/Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchende-SGBII-Nav.html (Stand: 19.05.2020)
  13. World Health Organization (WHO) (2016) Report of the commission on ending childhood obesity. WHO, Geneva
  14. Schienkiewitz A, Brettschneider AK, Damerow S et al. (2018) Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. Journal of Health Monitoring 3(1):16-23
  15. Effertz T (2017) Die Auswirkungen der Besteuerung von Lebensmitteln auf Ernährungsverhalten, Körpergewicht und Gesundheitskosten in Deutschland. Universität Hamburg, Hamburg

Stand: 02.07.2020

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