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Themenblatt: Gesundheitskompetenz von Jugendlichen

Kernaussagen

  • Eine niedrige Gesundheitskompetenz geht häufig mit einer ungesunden Ernährung und unzureichender körperlicher Aktivität einher.
  • Etwa die Hälfte der 14- bis 17-Jährigen berichtet laut GeKoJu-Studie (2019) von einigen oder vielen Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen.
  • Jungen geben seltener einige oder viele Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen an als Mädchen.

Hintergrund

Die allgemeine Gesundheitskompetenz umfasst das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um informierte Entscheidungen zur gesundheitlichen Versorgung, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu treffen und somit die Lebensqualität zu erhalten oder zu steigern [1]. Die allgemeine Gesundheitskompetenz wird maßgeblich von den Anforderungen und der Komplexität der Lebenswelten beeinflusst, in denen sich die Menschen bewegen [2]. Gesundheitskompetenz gilt als wichtige Determinante gesundheitsrelevanter Verhaltensweisen und ist somit bedeutsam für die Gesundheit [3]. Beispielsweise sind Erwachsene mit einer ausgeprägten Gesundheitskompetenz häufig körperlich aktiver als Erwachsene mit einer geringen Gesundheitskompetenz [4-6]. Auch bei Jugendlichen steht die Gesundheitskompetenz mit gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen in Verbindung [7]. Ergebnisse aus Studien in Deutschland und auch anderen Ländern zeigen für Jugendliche und junge Erwachsenen Zusammenhänge zwischen ungesunder Ernährung, unzureichender körperlicher Aktivität und einer niedrigen Gesundheitskompetenz [8-13]. Hinsichtlich des direkten Zusammenhangs des Body Mass Index (BMI) und Gesundheitskompetenz im Jugendalter sind die Studienergebnisse uneinheitlich [9, 14].

Indikatoren und Datenquelle

Indikator ist der Anteil von 14- bis 17-jährigen Mädchen und Jungen, die niedrige Level in einzelnen Skalen der allgemeinen Gesundheitskompetenz aufweisen (Indikator F.1.5).

Datenquelle ist die Studie „Gesundheitskompetenz von Jugendlichen“ (GeKoJu) in Deutschland des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Studie wurde im Rahmen des Projekts „Messung der Gesundheitskompetenz von Jugendlichen“ – Teil 2 (MOHLAA 2) durchgeführt. In einer repräsentativen Zufallsstichprobenziehung über Einwohnermeldeämter wurden 14- bis 17-Jährige aus 50 Studienorten in 13 Bundesländern in Deutschland ausgewählt und zur Studienteilnahme zwischen September und Dezember 2019 eingeladen [15, 16]. Insgesamt nahmen 1.235 Jugendliche an der Online-Befragung teil (Response Rate 21 %) [16].

Die Gesundheitskompetenz wurde in der GeKoJu-Studie anhand des Instruments „Measurement of Health Literacy Among Adolescents Questionnaire (MOHLAA-Q)“ ermittelt [17]. Dem Befragungsinstrument MOHLAA-Q liegt ein umfassendes, mehrdimensionales Konstrukt von Gesundheitskompetenz zugrunde, dass die spezifischen kognitiven, psychischen, sozialen und kontextbezogenen Anforderungen der Lebensphase des Jugendalters berücksichtigt (siehe Infobox). Das Instrument besteht aus vier Skalen mit insgesamt 29 Fragen: Skala A: „Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen“ (behaviorale und kognitive Dimension), Skala B: „Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten“ (behavioral-kommunikative Dimension), Skala C: „Einstellungen zu Gesundheit und Gesundheitsinformationen“ (affektive und konative Dimension) und Skala D: „Gesundheitswissen“ (kognitive Dimension).

Für die Skalen A-C des MOHLAA-Q werden Mittelwertscores und für die Skala D ein Summenwert berechnet. Für die Ergebnisdarstellung des Indikators werden aus den Scores bzw. dem Summenwert der Skalen Kategorien für Gesundheits­kompetenzlevel gebildet, die dann zu dichotomen Kategorien zusammengefasst werden können [8, 16]. Für Skala A werden die Kategorien „viele“ und „einige“ Schwierigkeiten“ vs. „wenige“ und „kaum/keine“ Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen zusammengefasst. Für Skala B werden die Kategorien „gering“ vs. „mittel“, „eher hoch“ und „hoch“ ausgeprägte gesundheitsbezogene Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten erstellt. Für Skala C werden die Kategorien „passive“ und „teils passive-teils aktive“ vs. „aktive“ Einstellungen zu Gesundheit und Gesundheitsinformationen gebildet. Für Skala D wird ein „geringer“ und „moderater“ vs. „hoher“ Wissensstand zum Themenfeld Gesundheit ermittelt. Für die einzelnen Skalen wird der Anteil der Mädchen und Jungen mit niedrigeren Gesundheitskompetenzleveln dargestellt.

Ergebnisse

Laut den Ergebnissen der GeKoJu-Studie berichtet etwa die Hälfte der Jugendlichen (51 %) über viele oder einige Schwierigkeiten im „Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen“ (Indikator F.1.5). Bei 28 % der 14- bis 17-Jährigen zeigen sich geringe gesundheitsbezogene „Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten“. Knapp 9 % der Altersgruppe weist passive und 57 % teils passive-teils aktive „Einstellungen zu Gesundheit und Gesundheits­informationen“ auf, was mit einem nur teilweise daran bestehenden Interesse einhergeht, sich um die eigene Gesundheit und Gesundheitsinformationen zu kümmern. Bei 73 % liegt ein geringes und moderates „Gesundheitswissen“ vor. In der GeKoJu-Studie finden sich signifikante Unterschiede nach Geschlecht, außer in der Skala zum „Gesundheitswissen“. Jungen berichten seltener über einige und viele Schwierigkeiten im „Umgang mit Gesundheitsinformationen“ (44 % vs. 57 %). Mädchen schätzen hingegen ihre „Kommunikations- und Interaktions­fähigkeiten“ rund um das Thema Gesundheit häufiger als hoch ein (12 % vs. 9 %) und zeigen häufiger aktive „Einstellungen zu Gesundheit und Gesund-heitsinformationen“ (37 % vs. 32 %) [16].

Informationsgrafik: Anteil der 14- bis 17-jährigen Mädchen und Jungen mit niedrigen Leveln in den vier Skalen allgemeiner Gesundheitskompetenz (in Prozent). Quelle: © RKI

Einordnung der Ergebnisse

Laut der GeKoJu-Studie weist ein relevanter Anteil der Jugendlichen in allen vier Dimensionen ein niedriges Level allgemeiner Gesundheitskompetenz auf. Etwa die Hälfte der 14- bis 17-jährigen Jugendlichen berichtet über Schwierigkeiten beim Finden, Verstehen, Bewerten und Anwenden von Informationen rund um das Thema Gesundheit. Bis auf das Gesundheitswissen werden Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen für die einzelnen Skalen allgemeiner Gesundheitskompetenz (Skala A-C) beobachtet.

Bei der Interpretation der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass die Skalen A-C Selbsteinschätzungsskalen sind und Skala D nur einen Ausschnitt des Gesundheitswissens abfragt. Bei der Einschätzung des Umgangs mit gesundheitsbezogenen Informationen (Skala A) ist eher von einer Unterschätzung, bei den Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten (Skala B) eher von einer Überschätzung auszugehen, was auch bei der Gesundheits­kompetenzmessung von Erwachsenen zu beobachten ist [17-20].

Für Deutschland liegen nur wenige Querschnittstudien zur Entwicklung und Bedeutung von Gesundheitskompetenz für Ernährung und Bewegung im Jugendalter vor [8, 21]. Diese Studien ­zeigen eine signifikante Assoziation von niedrigeren Gesundheitskompetenz­leveln mit ungesunder Ernährung. Jugendliche mit Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen beispielsweise weisen eine ca. 1,6-fach erhöhte Chance auf, seltener täglich Obst und Gemüse zu konsumieren [8]. Dies weist u.a. auf einen Handlungsbedarf für die Förderung eines spezifischen Aspektes der Gesundheitskompetenz hin, der Food Literacy [22]. Dabei sollte Jugendlichen nicht nur ermöglicht werden, sich Wissen über eine abwechslungsreiche Ernährung, z. B. in der Schule, anzueignen, sondern auch Fertigkeiten zur selbständigen Essenszusammenstellung oder -zubereitung. Neben edukativen ­Maßnahmen sollten die Lebenswelt Schule und weitere jugendrelevante Lebenswelten so gestaltet sein, dass sie Gesundheitskompetenz fördern, denn so können auch Jugendliche, unabhängig von ihrem sozialen Status und ihrer Herkunftsfamilie, erreicht werden.

Infobox: Erhebung der Gesundheitskompetenz

Der MOHLAA-Q umfasst 29 Fragen und vier Skalen, die „Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen“ (Skala A: 12 Fragen), „Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten“ rund um Gesundheitsthemen (Skala B: 4 Fragen), „Einstellungen zu Gesundheit und Gesundheits­informationen“ (Skala C: 5 Fragen) und „Gesundheitswissen“ (Skala D: 8 Fragen) erfassen. Die Befragten geben bei den Skalen A-C ihre subjektive Einschätzung auf Likert-Skalen an. Bei Skala D handelt es sich um acht Wissensfragen zu verschiedenen gesundheitsbezogenen Themen (Sport, Ernährung, Substanzkonsum etc.) mit jeweils 5 Antwortoptionen inklusive einer „weiß nicht“-Option.

Literatur

  1. Sørensen K, Van den Broucke S, Fullam J et al. (2012) Health literacy and public health: A systematic review and integration of definitions and models. BMC Public Health 12:1-13
  2. Parker R, Ratzan SC (2010) Health literacy: A second decade of distinction for Americans. Journal of Health Communication 15(S2):20-33
  3. Kickbusch I, Pelikan J, Haslbeck J et al. (Hrsg.) (2016) Gesundheitskompetenz. Die Fakten. Careum Stiftung, Zürich
  4. HLS-EU Consortium (2012) Comparative report of health literacy in eight EU member states. The European Health Literacy Survey HLS-EU. HLS‑EU Consortium, Maastricht
  5. Schaeffer D, Vogt D, Berens E-M et al. (2017) Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland: Ergebnisbericht. Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld
  6. Jordan S, Hoebel J (2015) Gesundheitskompetenz von Erwachsenen in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 58(9):942-950
  7. Fleary SA, Joseph P, Pappagianopoulos JE (2018) Adolescent health literacy and health behaviors: A systematic review. Journal of Adolescence 62:116-127
  8. Domanska OM, Loer A-KM, Stock C et al. (2021) Gesundheitskompetenz und Gesundheitsverhalten im Jugendalter: Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung Jugendlicher. Prävention und Gesundheitsförderung
  9. Park A, Eckert TL, Zaso MJ et al. (2017) Associations between health literacy and health behaviors among urban high school students. Journal of School Health 87(12):885-893
  10. Quenzel G, Schäffer D, Messer M et al. (2015) Gesundheitskompetenz bildungsferner Jugendlicher: Einflussfaktoren und Folgen. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 58(9):951-957
  11. Bektas İ, Kudubeş AA, Ayar D et al. (2021) Predicting the ealthy lifestyle behaviors of Turkish adolescents based on their health literacy and self-efficacy levels. Journal of Pediatric Nursing S0882-5963(21)00019-1
  12. Schricker J, Kotarski C, Haja J-M et al. (2020) Gesundheit und Gesundheitsverhalten bei Studierenden: Assoziationen mit der Gesundheitskompetenz. Prävention und Gesundheitsförderung 15(4):354-362
  13. Paakkari L, Kokko S, Villberg J et al. (2017) Health literacy and participation in sports club activities among adolescents. Scandinavian Journal of Public Health 45(8):854-860
  14. Rutkauskaitė R, Kuusinen K (2019) Links between adolescents’ health literacy and their physical activity and body mass index. Baltic Journal of Sports and Health Sciences 3(114):4-14
  15. Loer AM, Domanska OM, Kuhnert R et al. (2020) Online survey for the assessment of generic health literacy among adolescents in Germany (GeKoJu): Study protocol. International Journal of Environmental Research and Public Health 17(5)(5):1518
  16. Loer AM, Domanska OM, Stock C et al. (2020) Subjective generic health literacy and its associated factors among adolescents: Results of a population-based online survey in Germany. International Journal of Environmental Research and Public Health 17(22)(22):8682
  17. Domanska OM, Bollweg TM, Loer A-K et al. (2020) Development and psychometric properties of a questionnaire assessing self-reported generic health literacy in adolescence. International Journal of Environmental Research and Public Health 17(8):2860
  18. Domanska O, Firnges C, Bollweg TM et al. (2018) Do adolescents understand the items of the European Health Literacy Survey Questionnaire (HLS-EU-Q47) - German version? Findings from cognitive interviews of the project „Measurement of Health Literacy Among Adolescents“ (MOHLAA) in Germany. Archives of Public Health 76(1):1-14
  19. Gerich J, Moosbrugger R (2018) Subjective estimation of health literacy - What is measured by the HLS-EU Scale and how is it linked to empowerment? Health Communication 33(3):254-263
  20. Frisch AL, Camerini L, Diviani N et al. (2012) Defining and measuring health literacy: how can we profit from other literacy domains? Health Promotion International 27(1):117-126
  21. Quenzel G, Schaeffer D, Messer M et al. (2015) Gesundheitskompetenz bildungsferner Jugendlicher. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 58(9):951-957
  22. Vaitkeviciute R, Ball LE, Harris N (2014) The relationship between food literacy and dietary intake in adolescents: a systematic review. Public Health Nutrition 18(4):649-658

Stand: 30.05.2022

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