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Themenblatt: Stillen

Kernaussagen

  • Stillen ist langfristig mit einem geringeren Adipositasrisiko assoziiert.
  • Laut KiGGS Welle 2 (2014–2017) wurden in Deutschland fast neun von zehn Kindern jemals gestillt.
  • Nur etwa jedes 8. Kind wurde laut KiGGS Welle 2 (2014–2017) entsprechend der WHO-Empfehlung mindestens sechs Monate ausschließlich gestillt.

Hintergrund

Stillen, also die Ernährung des Säuglings oder Kleinkindes an der Brust, hat vielfältige positive Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes [1, 2]. Neben der Bindungsförderung zwischen Mutter und Kind und dem besseren Schutz des Kindes vor Infektionskrankheiten zeigen viele Übersichtsarbeiten, dass Stillen langfristig mit einem geringeren Adipositasrisiko assoziiert ist [3-6]. Dabei geht bereits jegliches Stillen mit einem niedrigeren Adipositasrisiko einher. Das heißt, dass jedes Stillereignis unabhängig von der Dauer des Stillens und möglichem Zufüttern mit Säuglingsnahrung, Getränken, Brei oder fester Nahrung protektiv sein kann [1]. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang zwischen einer längeren Stilldauer und einem geringeren Adipositasrisiko besteht [5].

Um den protektiven Effekt des Stillens auf die Entwicklung einer Adipositas zu erklären, werden unterschiedliche Mechanismen diskutiert [1]: Bei adäquater Ernährung der Mutter bietet das Stillen dem Säugling eine auf die Entwicklungsbedürfnisse des Kindes abgestimmte Ernährung mit Makro- und Mikronährstoffen. Bei nicht gestillten Kindern sind die Energie- und Proteinaufnahme häufig höher als bei gestillten Kindern. Es wird vermutet, dass eine erhöhte Energie- und Proteinaufnahme im Säuglings- und Kleinkindalter die spätere Entwicklung einer Adipositas begünstigen kann. Des Weiteren reagieren mit Säuglingsnahrung ernährte Babys, im Unterschied zu gestillten Kindern, auf das Füttern mit einer höheren Insulinausschüttung, was die Fettspeicherung anregt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für eine bestmögliche Entwicklung des Kindes, dass Säuglinge in den ersten sechs Lebensmonaten ausschließlich und bis zum zweiten Lebensjahr parallel zur Einführung von Beikost gestillt werden sollten [8]. Die Empfehlung eines sechsmonatigen ausschließlichen Stillens und der Einführung von Beikost unter dem Schutz der Muttermilch wird auch auf nationaler Ebene durch die Nationale Stillkommission geteilt [9].

Indikatoren und Datenquellen

Indikatoren sind der Anteil der Kinder, die jemals gestillt wurden (Indikator E.2.2), die durchschnittliche Dauer des jeglichen Stillens (Indikator E.2.3) und der Anteil der Kinder, die der WHO-Empfehlung entsprechend mindestens sechs Monate ausschließlich gestillt wurden (Indikator E.2.4), jeweils nach Geburtsjahrgängen differenziert.

Datenquelle ist die „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS-Studie) des Robert Koch-Instituts (RKI), die auf einer bundesweiten bevölkerungsrepräsentativen Einwohnermeldeamtsstichprobe basiert und Querschnitts- und Längsschnittdaten zur gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen liefert [10]. Die verwendeten Daten stammen aus der KiGGS Welle 1 (2009–2012) und der KiGGS Welle 2 (2014–2017) [11, 12]. Informationen zum Stillverhalten der Mütter wurden anhand von Selbstangaben zur Art und Dauer des Stillens erfasst [13].

Ergebnisse

Laut KiGGS Welle 2 (2014–2017) wurden in Deutschland fast neun von zehn Kindern jemals gestillt (Indikator E.2.2). Dabei deutet sich eine Zunahme an: Kinder der Jahrgänge 2001–2002 wurden zu 77 % jemals gestillt, Kinder der Jahrgänge 2013–2014 zu 87 %. Die durchschnittliche Stilldauer betrug etwa 8 Monate (jegliches Stillen) (Indikator E.2.3). Nur etwa jedes achte Kind wurde entsprechend der WHO-Empfehlung mindestens sechs Monate ausschließlich gestillt (Indikator E.2.4). Dabei zeigen sich keine wesentlichen Veränderungen zwischen den Geburtsjahrgängen.

Informationsgrafik: Anteil der Kinder, die jemals gestillt wurden (in Prozent; nach Geburtsjahrgängen). Quelle: © RKI

Informationsgrafik: Anzahl der Monate, die Kinder im Durchschnitt gestillt wurden (jegliches Stillen; nach Geburtsjahrgängen). Quelle: © RKI

Informationsgrafik: Anteil der Kinder, die sechs Monate ausschließlich gestillt wurden (in Prozent; nach Geburtsjahrgängen). Quelle: © RKI

Weiterführende Auswertungen der KiGGS-Daten zeigen, dass als häufigster Grund für ein Abstillen vor dem sechsten Lebensmonat zu wenig Muttermilch genannt wurde [13]. Des Weiteren steigen sowohl die Stillquote als auch die Dauer des Stillens mit dem Bildungsniveau der Mutter [14, 15]. Auch das Alter der Mutter bei der Geburt des Kindes, der Reifestatus des Kindes bei der Geburt und der Rauchstatus der Mutter während der Schwangerschaft sind mit der Stillquote und der Dauer des Stillens assoziiert, wohingegen sich hinsichtlich des Geschlechts des Kindes kein eindeutiger Zusammenhang zeigt [14, 15].

Einordnung der Ergebnisse

Die Ergebnisse der KiGGS-Studie zeigen, dass ein Großteil der Kinder in Deutschland gestillt wurde und der Anteil der gestillten Kinder im Zeitverlauf leicht zugenommen hat. Der Anteil der Kinder, die entsprechend der WHO-Empfehlung mindestens sechs Monate ausschließlich gestillt wurden, ist nach wie vor gering.

Bezüglich des protektiven Effektes des Stillens auf die Entwicklung einer Adipositas im Kindes- und Jugendalter müssen einige methodische Aspekte berücksichtigt werden. Viele der den Übersichtsarbeiten zu Grunde liegenden Studien stammen aus Industrienationen [3]. Für diese Länder ist oftmals – wie bei den KiGGS-Daten – ein positiver Zusammenhang zwischen Sozialstatus und Stillverhalten nachgewiesen: Sozial besser gestellte Mütter stillen häufiger und länger als sozial benachteiligte Mütter. Eine fehlende Berücksichtigung des Sozialstatus könnte möglicherweise ein Grund dafür sein, dass der Effekt des Stillens auf das Adipositasrisiko des Kindes in Studien überschätzt wird, da Mütter mit höherem Sozialstatus beispielsweise über das Stillen hinaus mehr auf die Ernährung ihrer Kinder achten. Bei der Interpretation der Daten muss zudem beachtet werden, dass es sich bei den Angaben zum Stillverhalten um Selbstangaben handelt, die retrospektiv erhoben wurden. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse durch Erinnerungsfehler oder soziale Erwünschtheit (d. h. einem Antwortverhalten, bei dem die Befragten eher die Antwort geben, von der sie glauben, dass sie auf Zustimmung trifft [16]) verzerrt sind.

Aufgrund der vielfältigen positiven Effekte des Stillens auf die Gesundheit von Kindern und dessen Bedeutung für die Adipositasprävention sollten Maßnahmen zur Stillförderung möglichst früh ansetzen, stillende Mütter über die Zeit nach der Geburt hinaus begleiten und besonders Frauen mit niedrigem Bildungsstatus erreichen [14]. Einen wichtigen Beitrag hierzu können Hebammen und examinierte Still- und Laktationsberaterinnen leisten, die Mütter z. B. bei Stillproblemen unterstützen. Stillförderung sollte darüber hinaus nicht nur auf der individuellen Ebene stattfinden, sondern bedarf einer stillfreundlichen Infrastruktur, sowohl auf der Ebene des Gesundheitssystems als auch auf der Ebene eines stillfreundlichen Klimas in der Gesellschaft [17].

Infobox: Stilldefinitionen [7]

Beim ausschließlichen Stillen erhält der Säugling neben der Muttermilch keine weiteren Flüssigkeiten oder Beikost. Beim vollen Stillen können zusätzlich Flüssigkeiten wie z. B. Wasser oder Tee gegeben werden (schließt ausschließliches Stillen mit ein). Beim jeglichen Stillen können darüber hinaus auch nahrhafte Flüssigkeiten (insbesondere Säuglingsmilchnahrung) oder Beikost gegeben werden, wobei ausschließliches und volles Stillen hierbei mit eingeschlossen sind.

Literatur

  1. Horta BL, Victora CG (2013) Long-term effects of breastfeeding: a systematic review. World Health Organization (WHO), Geneva
  2. Horta BL, Victora CG (2013) Short-term effects of breastfeeding: a systematic review. World Health Organization (WHO), Geneva
  3. Horta BL, Loret de Mola C, Victora CG (2015) Long-term consequences of breastfeeding on cholesterol, obesity, systolic blood pressure and type 2 diabetes: a systematic review and meta-analysis. Acta Paediatrica 104:30-37
  4. Newsome K, Rashid T, Vonville HM et al. (2016) Mapping of reviews on breastfeeding and obesity risk in children. Current Nutrition Reports 5(4):255-277
  5. Yan J, Liu L, Zhu Y et al. (2014) The association between breastfeeding and childhood obesity: a meta-analysis. BMC Public Health 14:1267
  6. Weng SF, Redsell SA, Swift JA et al. (2012) Systematic review and meta-analyses of risk factors for childhood overweight identifiable during infancy. Archives of Disease in Childhood 97(12):1019-1026
  7. Nationale Stillkommission (2007) Einheitliche Terminologie zur Säuglingsernährung. Aktualisierte Empfehlung der Nationalen Stillkommission von 1999. www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Themen/Stillkommission/einheitliche_terminologie_zur_saeuglingsernaehrung.pdf (Stand: 19.05.2020)
  8. Weltgesundheitsorganisation (WHO) (2003) Globale Strategie für die Säuglings- und Kleinkinderernährung. WHO, Genf
  9. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2020) Empfehlungen zur Stilldauer - Einführung von Beikost. https://www.bfr.bund.de/de/empfehlungen_zur_stilldauer___einfuehrung_von_beikost-54044.html (Stand: 24.06.2020)
  10. Kurth BM, Kamtsiuris P, Hölling H et al. (2008) The challenge of comprehensively mapping children’s health in a nation-wide health survey: design of the German KiGGS-Study. BMC Public Health 8:196
  11. Lange M, Butschalowsky H, Jentsch F et al. (2014) Die erste KiGGS-Folgebefragung (KiGGS Welle 1). Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 57(7):747-761
  12. Mauz E, Gößwald A, Kamtsiuris P et al. (2017) Neue Daten für Taten. Die Datenerhebung zur KiGGS Welle 2 ist beendet. Journal of Health Monitoring 2(S3):2-28
  13. Brettschneider AK, von der Lippe E, Lange C (2018) Stillverhalten in Deutschland – Neues aus KiGGS Welle 2. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 61(8):920-925
  14. von der Lippe E, Brettschneider AK, Gutsche J et al. (2014) Einflussfaktoren auf Verbreitung und Dauer des Stillens in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 57(7):849-859
  15. Brettschneider AK, Weikert C, Abraham K et al. (2016) Stillmonitoring in Deutschland – Welchen Beitrag können die KiGGS-Daten leisten? Journal of Health Monitoring 1(2):16-25
  16. Diekmann A (2009) Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Rowohlt Verlag, Hamburg
  17. Europäische Kommission Direktorat Öffentliche Gesundheit und Risikobewertung (2004) Schutz, Förderung und Unterstützung des Stillens in Europa: Ein Aktionsplan. Luxemburg

Stand: 02.07.2020

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