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Umgang mit dem kolonialmedizinischen Erbe im RKI

Die „Dekolonisierung“ von globaler Gesundheit ist seit einigen Jahren ein international viel diskutiertes Thema. Dabei kommen u. a. Machtgefälle, Ungleichheiten, Rassismus, fehlende Diversität und Diskriminierung aus einer historischen Perspektive zur Sprache, aber mit dem Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse und auf notwendige Veränderungen in der Zukunft.

Im Robert Koch-Institut hat im Jahr 2020 ein Austausch zum Umgang mit dem kolonialen Erbe begonnen, insbesondere vor dem Hintergrund der Gründung des Zentrums für Internationalen Gesundheitsschutz (ZIG) 2019 und der ethisch nicht vertretbaren Arbeiten Robert Kochs zur Schlafkrankheit in Ostafrika, die in den Jahren zuvor immer wieder öffentlich thematisiert worden waren.

In den Jahren 1906 und 1907 war eine Kommission unter Kochs Leitung nach Ostafrika entsandt worden, um Therapiemöglichkeiten gegen die Schlafkrankheit auszuloten. Durch den Einsatz von Atoxyl, einer arsenhaltigen Arznei, konnte Koch anfangs Erfolge bei der Behandlung von Schlafkranken erzielen. Doch der Parasit, der die Infektion verursacht, ließ sich im Blut der Kranken nur für eine kurze Zeit zurückdrängen. Daraufhin verdoppelte Koch die Atoxyl-Dosis - obwohl er um die Risiken des Mittels wusste. Bei vielen Betroffenen kam es zu Schmerzen und Koliken, manche erblindeten sogar. Trotzdem blieb Koch vom prinzipiellen Nutzen des Atoxyls überzeugt. Seine letzte Forschungsreise war das unrühmlichste Kapitel seiner Laufbahn. Das RKI informiert darüber unter anderem auf der Internetseite zu Robert Koch und im RKI-Museum. Bei einer öffentliche Veranstaltungsreihe zur Institutsgeschichte anlässlich des 125jährigen Bestehens des Instituts 2016 gab es eine eigene Veranstaltung zu Robert Koch in Afrika und danach in einem Bildband über diese Veranstaltungsreihe ein eigenes Kapitel.

Das 2019 gegründete Zentrum für Internationen Gesundheitsschutz arbeitet zu allen Public-Health-Aspekten, die für den internationalen Gesundheitsschutz relevant sind: insbesondere zu Krankheitsüberwachung (Surveillance), Labordiagnostik, Bewertung von Risiken und Gegenmaßnahmen, Implementierungsforschung, Training und Weiterbildung von Personal sowie zum Aufbau von Strukturen und Prozessen für die Krisenreaktion. Ziel ist es, die Kompetenzen des RKI auch für den internationalen Gesundheitsschutz verfügbar zu machen. Mehr als 80 Mitarbeitende aus der ganzen Welt bringen ihre interdisziplinäre Expertise und Erfahrung in die Arbeit des ZIG ein. Grundlage der Aktivitäten von ZIG und allen anderen RKI-Mitarbeitenden bei internationalen Projekten ist eine kollegiale und respektvolle Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort.

Bereits 2017 hat sich das RKI mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt zu einer Kultur bekannt, die Diversität als Chance sieht. In diesem Sinne setzt sich das RKI für eine Förderung von Diversität sowohl im Arbeitsumfeld als auch in der Public-Health-Arbeit ein, siehe auch das Statement vom 19.1.2024: Das RKI bekennt sich zu einer Kultur, die Diversität als Chance sieht.

Die Aktivitäten zum Umgang mit dem kolonialen Erbe werden im RKI durch ZIG koordiniert und durch eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe vorangetrieben.

So fand am 27.11.2020 ein ZIG-Talk zum Thema „Acknowledging and addressing colonial power dynamics in global health“ statt. Vortragende war Prof. Mishal Khan. Mishal Khan ist Associate Professor an der London School of Hygiene and Tropical Medicine (LSHTM) und engagiert sich dort in der Gruppe zu Decolonizing Global Health. Sie stellte unter anderem die verschiedenen Motivationen vor, die der Beschäftigung mit dem kolonialen Erbe zugrunde liegen: der Wunsch nach größerer Wirksamkeit von globalen Public Health-Initiativen, die normative Orientierung am Ideal der Gerechtigkeit und die Angst vor Reputationsverlust. Außerdem beschrieb sie die zahlreichen Prozesse, die am LSHTM genutzt werden, um sich institutionell mit dem Thema auseinander zu setzen, u. a. Bereitstellung geschützter Orte für die offene Diskussion, fairer Zugang für Studierende und Lehrende, Fokus auf gleichberechtigte Forschungspartnerschaften und das Engagement der Leitungsebene. Mit sieben weiteren externen Vorträgen zum Thema legten die ZIG-Talks 2021/2022 den Focus auf das Thema „Decolonizing global health“ (siehe ZIG-Talks-Archiv).

Lücken im Faktenwissen über die medizinischen und gesundheitspolitischen Aktivitäten von Robert Koch und anderen RKI-Mitarbeitern während der Kolonialzeit sollen in einem Expertenworkshop (29.9. bis 1.10.2024) identifiziert werden. Zudem sollen diese Aktivitäten historisch und auf der Grundlage aktueller ethischer Überlegungen bewertet, Bedarf für weitere medizinhistorische Forschung identifiziert und Empfehlungen an das RKI für den Umgang mit dem kolonialen Erbe insbesondere in seiner internationalen Public-Health-Arbeit entwickelt werden. Dem Workshop ging ein virtuelles Treffen am 3.9.2024 voraus, das dem Kennenlernen, der Klärung der Ziele und Erwartungen an den Workshop sowie der Diskussion erster inhaltlicher Fragen diente. Über die Ergebnisse des Workshops soll in einer wissenschaftlichen Zeitschrift berichtet werden.

Am 2.10.2024 findet in Kooperation mit dem RKI-Museum der öffentliche ZIG-Talk „German Colonial Medicine and its Global Influence and Legacies“ mit Dr. Musa Sadock von der Universität Dar es Salaam, Tansania, statt.

Stand: 30.09.2024

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