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Leopoldina Jahresversammlung 2022
Die COVID-19-Pandemie: Lehren für die globale Gesundheit

Lothar H. Wieler

Es gilt das gesprochene Wort.


Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Diese Bilder versetzen uns die Zeit zurück, als die COVID-19-Pandemie plötzlich und mit voller Wucht ausbrach. Sie ließ niemanden unberührt. Angst und Ungewissheit waren die häufigsten Emotionen. Wir Public-Health-Experten befanden uns in einem Wettlauf mit der Zeit, in dem wir all das in die Tat umsetzen mussten, worauf wir uns jahrelang vorbereitet hatten. Die Regierungen waren gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen. Zu Beginn hatten wir es mit einem wenig bekannten Virus zu tun, Vergleiche mit dem nahen Verwandten SARS-CoV1 führten partiell in die Irre.

COVID-19 hat große Auswirkungen auf die Lebenserwartung. Zweieinhalb Jahre und mehrere Wellen und Virusvarianten später haben wir tatsächlich extrem viel gelernt und Gelerntes umgesetzt. Heute befinden wir uns in einer weitaus besseren Situation als zu Beginn, aber die Pandemie, die ist noch nicht vorbei.

Leider gehen immer noch jeden Tag Menschenleben durch diese Krankheit verloren. Auch wenn die Zahl der täglichen Todesfälle dank der zunehmenden Immunität, dem Vorhandensein von Therapien und einer zunehmend stabilen Situation mit einer moderateren Virusvariante drastisch zurückgegangen ist, haben wir weltweit nach Schätzungen des Institute of Health Metrics and Evaluation immer noch über 3000 Todesfälle pro Tag zu beklagen.

Aber was sind die wahren Auswirkungen von COVID-19, nicht nur für Deutschland, sondern weltweit? Die Pandemie hat sich auf allen Ebenen der Gesellschaft ausgewirkt, lokal, national und global. Jedes Individuum, jede Gesellschaft, jedes Gesundheits- und politische System war betroffen. Aber COVID-19 hat Individuen und Gesellschaften sehr unterschiedlich getroffen. Die Pandemie hat bestehende gesundheitliche Ungleichheiten und die ihnen zugrunde liegenden sozialen Determinanten nicht nur aufgedeckt, sondern sogar noch verschärft. Studien zeigen, dass es sozioökonomische Ungleichheiten bei den Infektionsrisiken und der Schwere des Krankheitsverlaufs gibt, wobei sozioökonomisch weniger privilegierte Bevölkerungsgruppen stärker betroffen sind. Ich gehe hier nicht ins Detail - sie werden in den nächsten 2 Tagen einige großartige Vorträge dazu hören. Wir stellen jedoch fest, dass selbst in Deutschland die sozial Benachteiligten stärker betroffen waren als die weniger Benachteiligten, so dass man sich nur vorstellen kann, wie sich die soziale Ungleichheit insbesondere während einer Krise weltweit auswirkt.

Tragischerweise können manche Verluste nicht wieder wettgemacht werden. Das RKI hat für Deutschland alleine für das Jahr 2020 305.641 Disability adjusted life years und mehr als 120.000 life years lost durch COVID- 19 berechnet.

Wir wissen auch, dass die Sterblichkeitsrate je nach Altersgruppe, Zeitraum und geografischer Lage variiert. Dies bedeutet, dass einige Gruppen mehr Schutz benötigen als andere. Spätere Erkenntnisse zeigten die sozioökonomischen Ungleichheiten bei den COVID-19-bedingten Todesfällen. Die Situation ist und war also tatsächlich komplexer als zunächst angenommen.

Unabhängig von diesen Fakten muss uns allen eines klar sein: eine Pandemie wird getrieben von menschlichem Verhalten, ABER menschliches Verhalten hängt eben nicht unbedingt vom Bildungsstand ab, sondern wird sehr stark von den jeweiligen Lebensumständen geprägt. Wir benötigen also für die Bekämpfung einer Pandemie zwingend mehr Expertise der Verhaltenswissenschaften.

Wie sah COVID-19 in Deutschland aus? Nur ganz kurz: Die Kurve hier zeigt die Entwicklung der Pandemie seit März 2020 einschließlich von Entscheidungen, die in den verschiedenen Phasen getroffen wurden. Wir erlebten bislang 6 Wellen, in denen die Gesundheitsämter mehr als 32 Millionen Fälle und fast 150000 Todesfälle registrierten. Deutschland hat zu Beginn der Pandemie schnell und entschieden reagiert; dieser Erfolg konnte jedoch nicht über alle Wellen hinweg beibehalten werden. Unsere starke Gesellschaft, einschließlich eines lokalen öffentlichen und eines sehr guten Krankheitsversorgungssystems sowie fachkundiger wissenschaftlicher Einrichtungen, trug weitgehend zum anfänglichen Erfolg bei. So war bis Juli 2021 schon mehr als jeder Zweite der Bevölkerung in Deutschland zweimal geimpft.

Aber das war nicht in allen Staaten der Fall, und dies ist vielleicht der sichtbarste Stolperstein auf dem Weg zu gesundheitlicher Chancengleichheit. Im Verlauf der Pandemie kam es zu einer ungleichen Verteilung von Impfstoffen: Länder mit hohem und mittlerem Einkommen hatten relativ schnell relativ hohe Impfraten, Länder mit niedrigem Einkommen oft noch nicht einmal Impfstoffe für das Gesundheitspersonal.

Unsere Strategie bestand immer darin, so viele Todesfälle wie möglich zu verhindern, gefährdete Gruppen zu schützen und die Überlastung des Gesundheitssystems abzumildern. Insgesamt ist es Deutschland zu Beginn gelungen, eine relativ niedrige Sterblichkeitsrate aufrechtzuerhalten, was u.a. auf die schnelle Reaktion, die getroffenen Maßnahmen, die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung und v.a. das prosoziale Verhalten der Gesellschaft zurückzuführen ist. Tatsache ist jedoch, dass es zwar einige Länder zu einem bestimmten Zeitpunkt richtig gemacht haben, aber kein Land hat es immer richtig gemacht. Es gibt kein Patentrezept, das für alle Regionen dieser Welt stets optimal wirkt, und die erfolgreiche Bewältigung einer Epidemiewelle ist in der Regel eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen, Faktoren und Umständen – die Bewältigung ist extrem komplex.

Die Pandemie zwang die Akteure in allen Sektoren und Politikbereichen zu einer engeren Zusammenarbeit. Wie passt nun ein Nationales Public-Health-Institut in dieses Puzzle? Hier ein kleiner Einblick am Beispiel des RKI - unseres nationalen Public-Health-Instituts.

Zunächst einmal ist die Rolle JEDES nationalen Public-Health-Instituts so viel mehr als nur die Bekämpfung von Infektionskrankheiten! Public Health deckt das gesamte Spektrum der Gesundheit ab. Das ist unsere Aufgabe, und dafür brennen meine Mitarbeiter. Aber wir fokussieren auf Prävention. Die Aufgaben eines Public-Health-Instituts werden in diesen 10 grundlegenden Maßnahmen sehr schön dargestellt. In Deutschland sind 9 dieser 10 Aufgaben gesetzliche Aufgaben des Robert-Koch-Instituts, während die Gesundheitsförderung in das Ressort der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – BzgA - fällt.
Jedoch haben wir als RKI keinerlei operatives, sondern ausschließlich ein empfehlendes sowie koordinierendes Mandat.

Zu unserem Tagesgeschäft gehören die Beobachtung und Bewertung der Gesundheit der Bevölkerung, die Minderung von Gesundheitsrisiken durch Empfehlungen, evidenzbasierte Kommunikation und Beratung, die auf der Grundlagen- und angewandten Forschung unserer Mitarbeiter im gesamten Spektrum der öffentlichen Gesundheit fußt. Per gesetzlichem Auftrag ist das RKI für die Kommunikation mit der Fachöffentlichkeit und unsere Schwesterbehörde, die BZgA, für die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit zuständig.

Die letzten zweieinhalb Jahre waren eine große Herausforderung auch für uns im RKI. In einer Krise haben wir als RKI die Aufgabe, wissenschaftliche Grundlagen und Empfehlungen zu erarbeiten, die den Fachleuten des öffentlichen Gesundheitswesens, den Entscheidungsträgern in der Politik und den Beschäftigten des Gesundheitswesens auf regionaler und lokaler Ebene als Entscheidungsgrundlage dienen.

Wir unterstützen die Länder und Kommunen in Deutschland, haben aber kein Vollzugsmandat. Wir beraten und helfen vor Ort nur dann, wenn wir um Amtshilfe gebeten werden. Die Umsetzung der Maßnahmen obliegt jedoch in unserem föderalen System den lokalen Verantwortungsträgern, also den Landräten und Bürgermeistern.

In den ersten Tagen der Pandemie waren unsere wichtigsten Botschaften die der Vorsicht. Unser wichtigster Ratschlag war, sich selbst zu schützen, um andere zu schützen - eine Botschaft der Solidarität, denn nur mit Solidarität kann eine Pandemie überwunden werden: Das gilt auf individueller, lokaler, nationaler und globaler Ebene.

Krisenkoordinierung und -management erfordern und setzen einen guten Dialog mit den Beteiligten auf allen Ebenen voraus, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und sie bestmöglich zu unterstützen. Dies gelang nur bedarfsgerecht durch unsere jahrelangen Kontakte zu den verschiedenen Ebenen des öffentlichen Gesundheitsdienstes – wie man so schön sagt eben schon in Friedenszeiten.

Bei einer größeren epidemiologischen Lage wird das Lagezentrum am RKI aktiviert, d.h. Mitarbeiter werden von ihren Aufgaben abgezogen um sich der Krisenbewältigung zu widmen. Ziel ist die Kanalisierung und Fokussierung von Informationen sowie Koordination der Krisenreaktion außerhalb des RKI. Wie sie dieser Graphik entnehmen können geschah das bislang siebenmal – mit steigender Frequenz. Dies erfordert zukünftig eine dauerhafte Aufrechterhaltung des Lagezentrums – wozu das RKI momentan nicht ausgestattet ist.

Neben dem nationalen Informationsfluss interagiert das RKI auch intensiv und proaktiv mit der globalen Gemeinschaft und den Organisationen des öffentlichen Gesundheitswesens: der WHO, dem ECDC, unseren Schwester- institutionen in anderen Ländern sowie anderen globalen Akteuren im Gesundheits-wesen. Ohne diese Interaktion wären wir in unserer eigenen Blase geblieben. Der Schlüssel zur Bewältigung dieser Krise war der Austausch von Informationen und die intensive Kommunikation mit Experten jenseits unserer eigenen Grenzen – und dies gelang uns nur, weil wir in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich Vertrauen zu diesen Akteuren aufgebaut haben.

Was haben wir also aus unseren Erfahrungen gelernt und wo können wir besser werden? Dazu nun einige Überlegungen aus Sicht von Public Health:

Erstens ist Vertrauen entscheidend für die Bewältigung einer globalen Gesundheits-krise. Transparenz, Übernahme von Verantwortung und Rechenschaftspflicht, das schafft Vertrauen. Weltweit genießen einige Regierungen mehr öffentliches Vertrauen als andere. Eine kürzlich durchgeführte Studie hat gezeigt, dass ein hohes Maß an Vertrauen in die Regierung und in die Menschen untereinander sowie eine geringere Korruption von Regierungen mit einer höheren COVID-19-Impfquote in Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen verbunden war, in denen genügend Impfstoff zur Verfügung stand.

Wie gesagt: die Pandemie wird durch menschliches Verhalten angetrieben. Jeder Einzelne ist ein wichtiger Akteur, dessen Verhalten eine Situation entweder positiv oder negativ beeinflusst. Während der Pandemie kamen viele Disziplinen zusammen, um gemeinsam an der Verbesserung der Situation zu arbeiten. Die entscheidende Rolle der Verhaltenswissenschaftler darf nicht unterschätzt werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, menschliches Verhalten besser zu verstehen und dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung ihren Regierungen, ihren Wissenschaftlern und anderen Behörden vertrauen kann, und in die Lage versetzt wird, gute und richtige Entscheidungen zu treffen.

Übrigens: In Deutschland genoss das Robert Koch-Institut im Vergleich zur Regierung und zu anderen Institutionen das größte Vertrauen in der Bevölkerung, auch wenn dieses Vertrauen mit der Zeit abnahm wie man dieser Graphik entnehmen kann.

Zweitens müssen wir unsere Kommunikation verbessern. Die COVID- 19-Pandemie ist die erste Pandemie in der Geschichte, bei der die Technologie und die sozialen Medien im Mittelpunkt der Kommunikation standen. Aber dieselbe Technologie hat auch die Infodemie verstärkt. Es gab es viele kommunikative Herausforderungen. Neben der wirklich schwerwiegenden Herausforderung der Infodemie mangelte es uns oft an einer guten Risikokommunikation.

Die Kommunikationstrias, d. h. politische Kommunikation, wissenschaftliche Kommunikation und Medienkommunikation, führte zu inkohärenten Botschaften an die Öffentlichkeit, und das ist für jede Gesellschaft eine große Herausforderung. Auch die Botschaften von kompetenten Wissenschaftlern sind nicht immer leicht zu vermitteln. In einer globalen Krise, in der jeder nach Ordnung und Stabilität sucht, passen wir unsere Methoden auf der Grundlage neuer Erkenntnisse an. Das ist unser tägliches Geschäft als Wissenschaftler, aber für die breite Bevölkerung oft schwer nachvollziehbar. Noch schwieriger zu vermitteln ist es, wenn wir Erkenntnisse nicht verifizieren können, sondern falsifizieren müssen und ein völlig neuer Weg eingeschlagen werden muss.

Drittens muss die Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung und in der öffentlichen Gesundheit eine Priorität werden. Unsere Empfehlungen und unsere Forschung werden durch die Fähigkeit ermöglicht, große Datenmengen schnell zu verarbeiten und zu analysieren. Die Notwendigkeit digitaler Lösungen ist kein neuer Gedanke, sondern bildet seit Jahren einen der Eckpfeiler unserer Strategie RKI2025. In diesem Zusammenhang wirkte die Pandemie wie eine Art Beschleuniger für unsere Aktivitäten.

In Deutschland ist es sehr schwierig, Gesundheitsdaten aus einer Hand zu bekommen. Im Gegenteil, die Struktur des deutschen Gesundheitssystems verhindert tatsächlich den barrierearmen Austausch von Gesundheitsdaten. Das ist in manch anderen Ländern deutlich leichter.

Die Pandemie hat uns gezeigt: wir müssen Komplexität durch ergebnisorientierte Effektivität ersetzen. Aktuelle Gesundheitsrisiken können mittels eines Gesundheitspanels vergleichend analysiert werden. Da es keine elektronischen Patientenakten oder hinreichende Daten aus einer einzigen Quelle gibt, wurden und sind viele Analysen ein mühsamer Prozess, und wir sind immer wieder gezwungen, andere Wege der Informationsbeschaffung zu finden. Das erhöht den Aufwand, u.a. im Qualitätsmanagement, es kostet mehr Zeit und Ressourcen, es verzögert wichtige Entscheidung bzw. es führt im schlimmsten Fall zu Fehlentscheidungen.

Am RKI bauen wir derzeit ein neues Zentrum für künstliche Intelligenz in der Public-Health-Forschung auf, in der Hoffnung, dass wir in Zukunft noch besser und schneller aussagekräftige Daten analysieren, visualisieren und weitergeben können. In einer Krise müssen Daten den Entscheidungsträgern und Beratern zur Verfügung gestellt werden - und zwar schnell.

Weltweit ist die Situation in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich, einige haben einen besseren Zugang zu Daten als andere. Manche Länder optimieren bereits bestehende Systeme, anderen fehlt es an einem Basissystem für die Datenerfassung und -analyse. Manche Länder teilen Daten, andere nicht.

Viertens: Hier kommt eine ganz zentrale Aussage: die Public-Health-Systeme, neben der ambulanten und stationären Versorgung, die dritte Säule des Gesundheitssystems, müssen zwingend gestärkt werden. Das öffentliche Gesundheitssystem braucht Fachwissen und Fachkräfte, die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren des öffentlichen Gesundheitswesens, einen transparenten und barrierefreien Informations- und Datenaustausch sowie zeitgemäße Ausstattung und innovative Technologien.

Die deutsche Regierung unternahm im ersten Pandemiejahr den richtigen Schritt und investierte in einen Pakt für die öffentlich Gesundheit. Den Menschen muss vor Ort geholfen werden. Aber die Stärkung der öffentlichen Gesundheit in Ländern mit hohem Einkommen ist einfach, wenn es bereits ein gutes Gesundheitssystem gibt. Wir müssen die öffentliche Gesundheit weltweit jedoch überall stärken. Gesundheit für alle ist ein nachhaltiges Ziel, und das bedeutet, die Gesundheitsversorgung und die öffentliche Gesundheit – und damit v.a. auch die Prävention - überall zu stärken.

Als nationales Public-Health-Institut arbeitet das RKI mit Partnerländern und internationalen Public-Health-Akteuren zusammen, um Public-Health-Systeme zu stärken und auf Public-Health-Notfälle weltweit zu reagieren. Alleine in der COVID-19-Pandemie haben wir mehr als 70 Länder unterstützen können.
Schwächere Gesundheitssysteme müssen von stärkeren unterstützt werden - das ist globale Solidarität und wird durch gemeinsame Verantwortung motiviert. Tatsächlich lernen alle Länder aber stetig voneinander – jedoch nur, wenn sie sich gegenseitig vertrauen.

Und schließlich müssen wir uns auf die nächste Krise vorbereiten, damit jedes Land weltweit besser auf größere Ausbrüche reagieren kann. Das wird durch diesem Action Cycle ersichtlich. Wir brauchen Vertrauen, wirksame Kommunikation, eine digitalisierte Gesundheitsversorgung und ein starkes und widerstandsfähiges öffentliches Gesundheitssystem - nicht nur in Deutschland, sondern überall. Wir wissen, dass nicht jedes Land über die gleichen Fähigkeiten verfügt, auf eine Krise zu reagieren.

a. Die Pandemievorsorge ist eine zentrale Aufgabe jedes nationalen Public-Health-Instituts, und jedes öffentliche Gesundheitssystem muss seine Fähigkeit, auf künftige Krisen zu reagieren, verbessern. Wer jetzt nationale Public-Health-Institute zu reinen Infektionsschutz-Instituten verengen will, negiert die Komplexität von Infektionskrankheiten. Wir brauchen in Nationalen Public-Health-Instituten eine Vielfalt der Wissenschaften. Am RKI arbeiten Menschen aus mehr als 90 Berufen.

b. Aber wir können dies nicht alleine tun. Wir brauchen eine gute Koordinierung und Strukturen auf allen drei Ebenen: international, national und lokal.

c. Auf lokaler Ebene müssen wir unsere Überwachungs- und Frühwarnsysteme stärken, wir benötigen mehr Fachkräfte und müssen weiterhin mehr für den Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen tun und die Gesundheitsinformationen verbessern. Dies wird das Ergebnis von Vertrauen, Kommunikation, Digitalisierung und einem starken öffentlichen Gesundheitssystem sein.

d. Auf nationaler Ebene muss jedes Land "Health in all policies" anstreben, also das Primat der Gesundheit bei allen Entscheidungen mitbedenken, Forschung und Entwicklung verbessern und die Kapazitäten im öffentlichen Gesundheitswesen ausbauen. Wenn dies nicht zu den nationalen Prioritäten gehört, wird das System auf lokaler Ebene zwangsläufig leiden.

e. Auf internationaler Ebene brauchen wir verbindliche Verträge und Vorschriften. Wir brauchen eine starke WHO - die WHO ist DIE Organisation, die in den letzten zweieinhalb Jahren unermüdlich gearbeitet hat. Die Ratschläge und Warnungen der WHO waren entscheidend, ihre Stimme ist die der Vernunft und des Ausgleichs. Jeder Mitgliedstaat sollte sich für die Stärkung der WHO einsetzen, und Staaten müssen sich um eine bessere Verteilung und Austausch von Ressourcen bemühen, seien es Informationen, Rohstoffe, biologische Agentien oder geistiges Eigentum.

COVID-19 ist weder die erste Pandemie, noch wird es die letzte Gesundheitskrise sein. Aber was wir aus dieser Pandemie gelernt haben, wird uns helfen, mit künftigen Krisen besser umzugehen. Es reicht nicht aus, nur einige wenige starke Länder und Gesundheitssysteme zu haben, denn sonst kehren wir zu einem wesentlichen Problem während der Pandemie zurück, der Ungleichheit im Gesundheitswesen. Die Pandemie betrifft alle Menschen auf der ganzen Welt, wir kommen also nur gemeinsam aus dieser Situation. Einige Länder könnten beschließen, einfach weiterzumachen, während andere noch kämpfen - das ist keine globale Solidarität. Wir sitzen alle in einem Boot, und wir können die Krise nur gemeinsam beenden.

Zu Beginn der Pandemie sagte Mike Ryan: "Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind". Diese wunderbare Botschaft sollte uns in jeder Hinsicht bei der Zukunftsplanung leiten.

Stand: 04.10.2022

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