Beitrag des ZIG zur internationalen Bekämpfung von COVID-19
Stand: 19.07.2022

Karte der internationalen COVID-19-Aktivitäten des ZIG
Seit Beginn des COVID-19-Ausbruchs unterstützt das RKI aktiv die Krisenreaktion auf nationaler und internationaler Ebene. Im Erfahrungsaustausch hinsichtlich des Managements des COVID-19-Ausbruchs ist das RKI ein gefragter Partner für Public-Health-Institutionen weltweit. Das Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz (ZIG) des RKI analysiert durch sein Public-Health-Intelligence-Team kontinuierlich die internationale epidemiologische Situation und steht in regelmäßigem Kontakt mit Gesundheitsministerien und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen in zahlreichen Ländern. Mit Stand Mitte März 2021 hat das ZIG bereits in über 70 Ländern in Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika Unterstützung und Beratung zu allen Aspekten der öffentlichen Gesundheit bei der Reaktion auf Ausbrüche geleistet.
Einsätze
Anfragen für COVID-19-bezogene Feldmissionen erreichten das RKI entweder durch das WHO Emergency Medical Team Secretariat, über den GOARN-Mechanismus, durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), in der Form von SEEG-Missionen oder durch bilaterale Anfragen. Mitarbeiter des ZIG unterstützten, in Zusammenarbeit mit anderen RKI-Abteilungen und externen Partnern, die folgenden Einsätze:
2020 | 2021 | 2022 |
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Zusätzlich unterstützte der EMT National Focal Point (NFP) die internationale Entsendung deutscher Emergency Medical Teams (EMTs), die ihre Expertise in Bezug auf COVID-19-Ausbruchsmanagement und Vorbereitungsmaßnahmen den lokalen Gesundheitseinrichtungen und Gesundheitsministerien, z.B. in Armenien, Kamerun und der Mongolei, zur Verfügung stellten.
Diagnostik-Material und Training

Während der frühen Phase der Epidemie bereitete das ZIG eine Reihe bilateraler Vor-Ort-Schulungen in Partnerländern, sowie regionale Schulungen zur SARS-CoV-2-Diagnostik in Zusammenarbeit mit der WHO und dem afrikanischen CDC (Africa-CDC) vor. Parallel dazu erhielt das ZIG Anfragen nach materieller Unterstützung für die Diagnostik. Angesichts der im März 2020 auferlegten Reisebeschränkungen und in enger Zusammenarbeit mit dem Africa-CDC und der WHO AFRO wurden die geplanten Schulungen schließlich in webbasierte Schulungen umgewandelt, die in 4 Sprachen zur Verfügung stehen (https://zenodo.org/record/4058349). Im Rahmen dieser Schulungen ermöglichte das ZIG mehr als 20 Lieferungen von Diagnostikmaterial an Teilnehmende der Online-Schulungen. Die ersten Lieferungen wurden am 15. April in die Demokratische Republik Kongo, nach Mali und Simbabwe geschickt. Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit wählte Africa-CDC die teilnehmenden Länder aus und ermöglichte die Kontaktaufnahme.
Insgesamt hat das ZIG seit Januar 2020 nahezu 100 Anfragen aus fast 50 Ländern für Laborunterstützung im Bereich der öffentlichen Gesundheit erhalten. Angefragt wurden u. a. Schulungen zur SARS-CoV-2 Diagnostik, inklusive der Typisierung von neuauftretenden Varianten, Diagnostikmaterial und Laborausrüstung. In diesem Zusammenhang ermöglichte das ZIG mehr als 50 Lieferungen von Diagnostik- und Verbrauchsmaterialien, sowie zwei Lieferungen von Laborausrüstung an bilaterale Partnerlabore.
Virtuelle Konferenzen zum Austausch von Erfahrungen und Methoden
An die Stelle von Feldmissionen, die aufgrund der Reisebeschränkungen durch die Pandemie nicht oder nur sehr eingeschränkt stattfinden konnten, trat ein virtueller Austausch mit über 60 Ländern zu technischen Fragestellungen. Im Frühjahr 2020 war dieser Austausch besonders intensiv; mindestens fünf virtuelle Austauschtreffen fanden damals pro Woche statt, u.a. mit ausländischen Botschaften in Deutschland, Gesundheitsministerien und nationalen Gesundheitseinrichtungen. Gemeinsam mit zahlreichen Public Health-Expertinnen und -Experten aus der ganzen Welt hat das ZIG viele weitere Aktivitäten zum COVID-19 Erfahrungsaustausch durchgeführt.
Forschung und weitere Projekte
Die bereits bestehenden internationalen Gesundheitsprojekte, die am RKI koordiniert werden, haben ihre Ressourcen und ihr Personal eingesetzt, um die Ausbruchseindämmung in den Partnerländern vorzubereiten und zu unterstützen. Die Kapazitäten des öffentlichen Gesundheitswesens, die in den letzten Jahren aufgebaut wurden, leisten vielerorts einen sichtbaren Beitrag zu einem reaktionsschnelleren und erfolgreicheren Krisenmanagement. Neben der Stärkung der Diagnostik konzentrieren sich diese Kapazitäten vor allem auf eine verbesserte Infektionsprävention und -kontrolle.
Weitere Informationen:
Corona Global-Projekte im Rahmen des Global Health Protection Programme (GHPP) des BMG
Deutsches Biosicherheitsprogramm des Auswärtigen Amtes
Zusätzlich hat das ZIG zahlreiche COVID-19-bezogene Forschungsaktivitäten initiiert sowie weitere Projekte ins Leben gerufen:
Evaluierung von Online-Laborschulungen in Public-Health-Notfällen am Beispiel der PCR-Diagnostik von SARS-CoV-2
Im Februar 2020 erhielt ZIG 4 (Fachgebiet für „Public Health Laborunterstützung“ im Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz) vom Bundesgesundheitsministerium Mittel für Trainings zur SARS-CoV-2-Diagnostik in afrikanischen Partnerländern. Ursprünglich sollte die Ausbildung an drei verschiedenen afrikanischen Standorten als regionale Schulungen unter Einbeziehung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Nachbarländern durchgeführt werden. An jedem Standort sollte die Schulung ein bis zwei Wochen dauern und pro Woche bis zu acht Personen in der SARS-COV-2-Diagnostik ausbilden.
Während der Vorbereitung dieses Projekts wurde durch die verhängten COVID-19-Maßnahmen die Reisemobilität eingeschränkt, sodass sowohl Ausbildende als auch Teilnehmende nicht zu den geplanten Ausbildungsstätten reisen konnten und die Durchführung der Trainings unmöglich war. Daraufhin wurden die Schulungen durch ZIG 4 online durchgeführt. Trotz der Pandemie gelang es ZIG 4 in Zusammenarbeit mit WHO AFRO/EMRO und Africa CDC, eine große Anzahl an Laborfachkräften aus mehreren Ländern in Afrika für die Teilnahme an einer Schulung zu gewinnen. Auch Labortechnikerinnen und -techniker aus Afghanistan und Saudi-Arabien nahmen an der Schulung teil. Eine solche Online-Schulung zur PCR-Diagnostik von SARS-CoV-2 wurde als sehr hilfreich für die Eindämmung der COVID-19-Pandemie sowie als Vorbild für künftige ähnliche Pandemien eingeschätzt.
Um zu beurteilen, inwieweit diese Schulung die gewünschte Wirkung erzielt hat, insbesondere angesichts der Tatsache, dass sich die Art der Durchführung vom ursprünglichen Konzept unterschied, und da die Teilnehmerzahl größer ausfiel, entwickelte das Fachgebiet „Evidenzbasierte Public Health“ (ZIG 2) ein trianguliertes Mixed-Methods-Forschungsdesign. Es sollte dazu dienen, die von ZIG 4 konzipierte und durchgeführte Online-Schulung zur PCR-Diagnostik von SARS-CoV-2 zu untersuchen.
Mithilfe von Interviews mit zentralen Akteuren, der Analyse sozialer Netzwerke und einer Online-Umfrage analysierten Forscherinnen und Forscher von ZIG 2 die wahrgenommene Nützlichkeit und den Wirkungsgrad der Online-Schulung. Das RKI erhielt Forschungsdaten von Partnern aus Afghanistan, Gabun, Madagaskar, Mali, Sambia, der Zentralafrikanischen Republik und von den Komoren.
Systematische Übersichtsarbeit zur vergleichenden Wirksamkeit von Maßnahmen der Kontaktpersonennachverfolgung in der COVID-19-Pandemie
ZIG 2 hat eine systematische Übersichtsarbeit zur vergleichenden Auswirkung von verschiedenen Maßnahmen der Kontaktpersonennachverfolgung auf die COVID-19-Morbidität und -Mortalität durchgeführt. Die Übersichtsarbeit schloss 78 relevante Studien ein, darunter zwölf Beobachtungsstudien und 66 mathematische Modellierungsstudien. Die begrenzt aussagekräftigen Erkenntnisse aus den Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass die manuelle und die digitale Ermittlung von Kontaktpersonen eine Rolle bei der Eindämmung der COVID-19-Epidemie spielten. Ausgehend von den Ergebnissen der mathematischen Modellierungsstudien haben sich unter anderem folgende Maßnahmen als äußerst wirksam erwiesen: (1) Gemeinschaftliche manuelle und digitale Ermittlung von Kontaktpersonen bei einer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz der Smartphone-App, in Verbindung mit einem hohen Maß an Isolierung/Quarantäne und physischer Distanzierung, (2) Nachverfolgung von Personen mit Kontakt zu COVID-19-Fällen, (3) Vermeidung von Verzögerungen bei der Ermittlung von Kontaktpersonen.
Deeskalationsstrategien für nicht-pharmazeutische Interventionen nach Ausbrüchen von Infektionskrankheiten: Rapid review und Vorschlag für dynamische Deeskalation
ZIG 2 hat ein systematisches Review von Deeskalationsstrategien nicht-pharmazeutischer Interventionen nach Ausbrüchen von Infektionskrankheiten durchgeführt.
Die Schwere des COVID-19-Ausbruchs sowie die Geschwindigkeit und das Ausmaß seiner Ausbreitung stellen eine globale Herausforderung dar. Länder auf der ganzen Welt nutzen strikte nicht-pharmazeutische Maßnahmen, um die Übertragung des Erregers einzudämmen und zu verhindern, dass die Gesundheitssysteme überlastet werden. Es wurde ein wissenschaftlicher Literaturreview mit Schwerpunkt auf der seit 2000 veröffentlichten Literatur über Pandemien und Krankheitsausbrüche durchgeführt. 27 Deeskalationskriterien wurden ermittelt, darunter informationsbasierte Kriterien wie ein kontinuierlicher Rückgang der Fallzahlen sowie kapazitätsbasierte Kriterien wie die Fähigkeit der Gesundheitssysteme, alle Patienten im Rahmen der normalen Kapazitäten zu behandeln, und alle Verdachtsfälle zu testen. Auf der Grundlage des Reviews wurde ein dynamischer Deeskalationsrahmen vorgeschlagen.
Aus dem Projekt sind ein Bericht sowie eine Publikation entstanden: De-escalation strategies for non-pharmaceutical interventions following infectious disease outbreaks: a rapid review and a proposed dynamic de-escalation framework (Globalization and Health, 2021, Sep 16)
Analyse des Einflusses von nicht-pharmazeutischen Maßnahmen auf die Entwicklung der COVID-19-Epidemie in den 37 OECD-Mitgliedstaaten
ZIG 2 hat in einer Studie analysiert, wie sich die COVID-19-Eindämmungsmaßnahmen von verschiedenen OECD-Ländern jeweils auf epidemiologische Kennzahlen ausgewirkt haben. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten insbesondere den Zusammenhang zwischen dem Umfang und Zeitpunkt von nicht-pharmazeutischen Maßnahmen und den entsprechenden Auswirkungen auf die COVID-19-Fallzahlen im Zeitverlauf. ZIG 2 führte die Analyse für zwei Zeiträume durch: für die erste Welle der Epidemie (d. h. vom Beginn der Epidemie bis Juli 2020) und für den Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2020.
Die Ergebnisse dieser Studie wurden im European Journal of Epidemiology veröffentlicht: The impact of non-pharmaceutical interventions on COVID-19 epidemic growth in the 37 OECD member states (European Journal of Epidemiology, 2021)
Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung während der COVID-19-Pandemie: eine internationale Multi-Site-Studie
Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung (risk communication and community engagement - RCCE) ist eine wichtige Säule des gesundheitlichen Krisenmanagements und grundlegend für die erfolgreiche Umsetzung von Bewältigungsmaßnahmen. Dies gilt auch für die im Rahmen von COVID-19 entwickelten und umgesetzten RCCE-Maßnahmen und -Strategien.
Bislang ist jedoch wenig über die Gestaltung, Umsetzung und Wirksamkeit von RCCE-Strategien bekannt, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie eingesetzt wurden. Um erfolgreich Lehren aus dieser Pandemie zu ziehen und die Vorbereitung auf künftige gesundheitliche Notlagen zu verbessern, ist es dringend erforderlich, Gestaltung, Umsetzung und Wirksamkeit von RCCE-Strategien auf verschiedenen Ebenen zu bewerten.
Um Gestaltung und Implementierung von RCCE-Strategien sowie die Wahrnehmung von deren Effektivität in der Öffentlichkeit und in Bevölkerungsgruppen mit möglichen Sprach- oder Partizipationsbarrieren, z.B. aufgrund von Alter, Sprache oder geografischer Lage, zu bewerten, haben wir 155 Schlüsselakteure und 419 Personen in 73 Fokusgruppendiskussionen in Deutschland, Guinea, Nigeria und Singapur befragt. Verwendet wurden qualitative Forschungsmethoden innerhalb eines innovativen, multidisziplinären Ansatzes, der sich auf Kommunikations-, Sozial- und Politikwissenschaften sowie Anthropologie stützt.
Die Daten aus den vier Ländern wurden analysiert. Zwei Manuskripte wurden in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht:
Analyse internationaler epidemiologischer Daten und Reaktionsmaßnahmen
Die globale Ausbreitung und Dynamik der COVID-19-Pandemie erforderte die zeitnahe Generierung, Analyse und Aufbereitung eines rapide wachsenden und sich verändernden Datenvolumens, um handlungsrelevante Informationen für Entscheidungsträgerinnen und -träger in Deutschland zu liefern. Weltweit herrschten erhebliche Unsicherheit und Uneinigkeit über die Wirksamkeit unterschiedlicher Public Health-Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie.
Das Projekt "Analyse internationaler epidemiologischer Daten und Reaktionsmaßnahmen" stellte politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern in Deutschland erweiterte aktuelle epidemiologische Daten zur Verfügung und ermöglichte einen besseren Einblick in die Wirksamkeit von Maßnahmen bei der Bekämpfung der Pandemie. Das Projekt befasste sich insbesondere mit internationalen Daten und lieferte Analysen der Lage im Ausland, um die Evidenzbasis für entsprechende Empfehlungen deutscher Behörden weiter zu verbessern.
Das Projekt hatte folgende Ziele: 1) Die Verbesserung der Generierung und Analyse internationaler epidemiologischer Daten und internationaler Daten über Eindämmungsmaßnahmen, und 2) eine verbesserte Evidenzbasis und Analyse von Eindämmungsmaßnahmen weltweit, und deren Kontextualisierung durch epidemiologische Entwicklungen der Pandemie.
Ein COVID-19-Analyserahmen wurde entwickelt, der die Analyse epidemiologischer Daten und Eindämmungsmaßnahmen kombinierte, um Einblicke in die sich verändernde Dynamik der Pandemie und COVID-19-Eindämmungsmaßnahmen zu liefern. Ergebnisse wurde in Berichten veröffentlicht, welche sich wichtigen und aktuellen Fragestellungen bezüglich Eindämmungsmaßnahmen widmeten. Die Berichte informierten ebenfalls über Länder, für welche aufschlussreiche Daten zum jeweiligen Thema verfügbar waren. Archivierte Berichte in englischer Sprache:
Issue 7, Selected COVID-19 Health Outcomes by Age Group [PDF, 371KB, Datei ist nicht barrierefrei]
Serologische Studien zu SARS-CoV-2
Das Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz (ZIG) führte weltweit mehrere SARS-CoV-2-Seroprävalenzstudien durch. Eine clusterbasierte, risikostratifizierte seroepidemiologische Studie zu SARS-CoV-2-Infektionen bei Mitarbeitenden des Gesundheitswesens wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) am Kamuzu Central Hospital, Lilongwe, in Malawi durchgeführt. Weitere seroepidemiologische Studien fanden in Burkina Faso, Elfenbeinküste, Guinea, Madagaskar, Namibia und Südafrika statt.
Von Mai 2021 bis Dezember 2022 führte das ZIG die Studie "Burden of COVID-19 among health care workers, assessing infection, risk factors, working experiences and one-health implications: a mixed methodology, multisite international study" in der Demokratischen Republik Kongo, der Elfenbeinküste, Madagaskar, Nigeria und Deutschland durch. Das Bundesministerium für Gesundheit förderte diese Studie im Global Health Protection Programme (GHPP).
Alle Studien und Studienprotokolle wurden laufend an die dynamische Situation der Pandemie angepasst, z.B. in Bezug auf den Einsatz von Impfstoffen.
Publikationen: