Themenblatt: Qualität von vermarkteten Kinderlebensmitteln
Stand: 05.10.2020
Kernaussagen
- Laut Marktcheck-Kinderlebensmittel (2012) sollten 73 % der an Kinder vermarkteten Lebensmittel nur sparsam verzehrt werden.
- 6 % der an Kinder vermarkteten Lebensmittel sollten laut Marktcheck-Kinderlebensmittel (2012) nur mäßig verzehrt werden.
- 12 % der an Kinder vermarkteten Lebensmittel können laut Marktcheck-Kinderlebensmittel (2012) reichlich verzehrt werden.
Hintergrund
Die ernährungsphysiologische Qualität von Lebensmitteln kann für die Prävention von Adipositas relevant sein [1-3]. Für die Bewertung der ernährungsphysiologischen Qualität von Lebensmitteln werden diese in der Regel entsprechend der Verzehrempfehlungen in Gruppen (z. B. Süßigkeiten, Milchprodukte etc.) eingeteilt oder mit Nährstoffprofilen wie dem Nährstoffprofil der Weltgesundheitsorganisation verglichen [4]. Im Sinne einer ausgewogenen Ernährung und der Prävention von Adipositas sollten Lebensmittel, die viel Energie, aber wenig Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe enthalten, nur selten verzehrt werden [5, 6]. Hierzu gehören z. B. energiedichtes Fast Food, zuckerreiche Frühstückscerealien, Süßwaren und zuckerhaltige Erfrischungsgetränke. Die Vermarktung von energiedichten und nährstoffarmen Lebensmitteln an Kinder kann deren Verzehr erhöhen und somit die Entwicklung von Adipositas begünstigen [7, 8]. In mehreren Studien wurde beobachtet, dass an Kinder vermarktete Lebensmittel häufig eine geringe ernährungsphysiologische Qualität aufweisen [9, 10]. Die Vermarktung von Lebensmitteln an Kinder und Jugendliche kann über Fernsehwerbung, Onlinespiele, soziale Medien, Verpackungen, aber auch über die Beigabe von Spielzeugen und Gewinnspielangeboten erfolgen.
Indikatoren und Datenquellen
Indikator für die Qualität von vermarkteten Kinderlebensmitteln ist der Anteil der an Kinder vermarkteten Lebensmittel, die nach den Empfehlungen des aid-Infodienstes nur sparsam verzehrt werden sollten (Indikator D.4.6). Die Empfehlungen des aid-Infodienstes entsprechen den Empfehlungen zur Prävention von Adipositas im Kindes- und Jugendalter [6, 11].
Datenquelle ist der Marktcheck-Kinderlebensmittel des gemeinnützigen Vereins foodwatch e. V. [12]. Im Rahmen des Marktchecks-Kinderlebensmittel wurden zwischen April 2011 und Februar 2012 über 1.500 Kinderlebensmittel nach den Empfehlungen des aid-Infodienstes bewertet [11]. Kriterien für die Kategorisierung als Kinderlebensmittel waren die Vermarktung des Produktes als „Kinder-Produkt“, die Abbildung von Comic- oder anderen bei Kindern beliebten Figuren auf der Verpackung des Produktes und die Bewerbung des Produktes mit für Kinder interessanten Spielen oder Aktivitäten (z. B. Gewinnspiele für Spielzeug). Die Auswahl der Lebensmittel erfolgte in Berliner Supermärkten sowie über Internetseiten des Handels und der herstellenden Unternehmen.
Ergebnisse
Laut Marktcheck-Kinderlebensmittel (2012) sollten 73 % der an Kinder vermarkteten Lebensmittel nach den Empfehlungen des aid-Infodienstes nur sparsam verzehrt werden (Indikator D.4.6). Dabei handelt es sich vorwiegend um zuckerreiche Frühstückscerealien und Limonaden sowie um Süßwaren wie Schokolade, Fruchtgummis und Eiscreme. Etwa 6 % der an Kinder vermarkteten Lebensmittel sollten nur mäßig verzehrt werden. Hierzu zählen vor allem gezuckerte Milchprodukte wie Joghurts und Quarks. Nur 12 % der an Kinder vermarkteten Lebensmittel können nach den Empfehlungen des aid-Infodienstes reichlich verzehrt werden.

Einordnung der Ergebnisse
Die Ergebnisse des Marktchecks-Kinderlebensmittel geben einen Hinweis darauf, dass es sich bei den meisten in den Jahren 2011/2012 an Kinder vermarkteten Lebensmitteln um zuckerreiche Lebensmittel wie Frühstückscerealien, Limonaden und Süßwaren handelte. Im Sinne einer ausgewogenen Ernährung und der Prävention von Adipositas sollten diese Lebensmittel nur selten verzehrt werden [5, 6]. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass die Auswahl der analysierten Lebensmittel auf keiner repräsentativen Erhebung basiert. Dennoch liefern die Ergebnisse aufgrund der hohen Anzahl der bewerteten Produkte aussagekräftige Informationen über die ernährungsphysiologische Qualität von Lebensmitteln, die an Kinder vermarktet werden. Außerdem ist anzunehmen, dass einige Lebensmittel seit dem Erhebungszeitraum in der Rezeptur verändert worden sind und sich somit deren ernährungsphysiologische Qualität verändert hat. So zeigen die Ergebnisse des Produktmonitorings des Max Rubner-Instituts, dass die durchschnittlichen Energie- und Zuckergehalte von bestimmten Frühstückscerealien, Joghurt- und Quarkprodukten und Erfrischungsgetränken mit Kinderoptik in den vergangenen Jahren leicht gesunken sind [13]. Um den Verzehr von zucker- und/oder fettreichen Lebensmitteln bei Kindern zu reduzieren, fordern Expertinnen und Experten unter anderem eine Anpassung und Ausweitung der Regulierung von an Kinder gerichteten Werbemaßnahmen [14]. Hierzu zählen z. B. strengere Kriterien bei der Auswahl der Lebensmittel, die an Kinder vermarktet werden dürfen sowie eine Ausweitung der regulativen Maßnahmen auf andere Werbebereiche (z. B. Werbung im Internet). Darüber hinaus können auch Reformulierungen von Kinderlebensmitteln, also Veränderungen der Rezepturen, die mit optimierten Nährstoffprofilen einhergehen, für ein ausgewogeneres Lebensmittelangebot sorgen [15]. Entsprechende Maßnahmen würden Kinder aus allen sozialen Statusgruppen erreichen und somit einen wichtigen Beitrag für die Adipositasprävention leisten.
Literatur
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- foodwatch e. V. (2012) Marktcheck Kinderlebensmittel. foodwatch e. V., Berlin
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- Sisnowski J, Handsley E, Street JM (2015) Regulatory approaches to obesity prevention: a systematic overview of current laws addressing diet-related risk factors in the European Union and the United States. Health Policy 119(6):720-731