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Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Krankenhausinfektionen und Antibiotikaresistenz

Stand: 15.11.2019

Was ist eine Krankenhaus­infektion?

Als nosokomiale oder Krankenhaus­infektion bezeichnet man Infek­tionen, die sich Patienten während ihres Auf­ent­halts in einem Kranken­haus oder bei einer ambulant durch­ge­führten medi­zi­nischen Be­hand­lung zu­ziehen. Die Gründe für solche Infek­tionen sind viel­fältig. Manche Patienten be­nötigen inva­sive Unter­su­chungen oder Therapien, zum Beispiel mittels Gefäß­katheter, Harn­wegs­katheter, Ernährungs­sonden oder künst­liche Beatmung, das sind Ein­tritts­wege für Erreger in den Körper. Häufig besiedeln die Erreger zu­nächst den Patienten auf der Haut oder im Darm, bevor sie eine Infektion ver­ur­sachen. Hygiene­mängel, ins­be­sondere die Hände­hygiene, spielen eine wichtige Rolle bei der Ver­brei­tung der Erreger. Zu den häufigsten Kranken­haus­in­fek­tionen gehören Lungen­ent­zündungen, Wund- und Harn­wegs­infektionen, Durch­fall­erkran­kungen durch Clostridioides difficile und Sepsis (Blut­vergif­tung). Ein Teil dieser Infek­tionen wird durch Erreger ver­ur­sacht, die gegen Anti­bio­tika resistent sind (siehe Frage "Wie viele der Kranken­haus­infektionen werden durch Erreger verursacht, die resistent gegen Antibiotika sind?").

Stand: 15.11.2019

Wie viele Krankenhausinfektionen gibt es jährlich in Deutschland und zu wie vielen Todesfällen kommt es dadurch?

Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu geschätzten 400.000 bis 600.000 nosokomialen Infektionen und etwa 10.000 bis 20.000 Todesfällen dadurch. Die Zahlen beruhen auf einer Berechnung, die das Robert Koch-Institut gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Berliner Charité (NRZ für Surveillance von nosokomialen Infektionen) im Jahr 2019 veröffentlicht hat.

Die Zahl der Todesfälle in Europa, die auf nosokomiale Infektionen zurückzuführen sind, wird in einer 2016 veröffentlichten Studie des ECDC, an der das Robert Koch-Institut beteiligt war, auf rund 91.000 Fälle pro Jahr geschätzt. Diese Zahl zu berechnen ist eine Herausforderung. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass viele der Betroffenen an schweren Grundkrankheiten leiden, die bereits ohne Krankenhausinfektion häufig zum Tod führen.

Literatur:

Stand: 15.11.2019

Hat die Zahl der Krankenhaus­infektionen zugenommen?

Im Rahmen einer vom Nationalen Referenzzentrum für Surveillance nosokomialer Infektionen durch­geführten Studie (Prävalenzstudie) in Krankenhäusern wurde im Frühjahr 2016 unter anderem die Zahl der nosokomialen Infektionen in Deutschland erhoben. Die Daten zeigen, dass bei rund 2,5% der Patienten eine während des aktuellen Krankenhaus­aufenthaltes erworbene nosokomiale Infektion vorlag. Dieser Wert ist verglichen mit früheren Erhebungen zurückgegangen, allerdings konnte kein Rückgang der Anzahl der nosokomialen Infektionen bezogen auf die Bevölkerung beobachtet werden. Die Krankheitslast in Deutschland liegt sogar etwas über dem europäischen Durchschnitt.

In einer neuen Berechnung, die das Robert Koch-Institut gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Berliner Charité (NRZ für Surveillance von nosokomialen Infektionen) im Jahr 2019 veröffentlicht hat, wurde postuliert, dass die tatsächliche Anzahl der nosokomialen Infektionen in der Bevölkerung von der Anzahl der im Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten abhängig ist.

Literatur:

Stand: 15.11.2019

Welche Erreger spielen bei Kranken­haus­infektionen eine Rolle?

Nach Daten der 2016 durchge­führten Prävalenz­studie sind die häufigsten Erreger von Kranken­haus­infektionen Escherichia coli, Entero­coccus faecalis und Entero­coccus faecium, Clostridioides difficile und Staphylo­coccus aureus.

Literatur:

Stand: 15.11.2019

Was sind Antibiotika-Resistenzen und wie entstehen sie?

Bakterien verfügen über die natürliche Fähigkeit, sich gegen Antibiotika, die von anderen Mikro­organismen (wie z.B. Pilzen) produziert werden, zu schützen. So kommen Antibiotika­resistenzen ganz natürlich in der Umwelt vor. Sie entstehen durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch Aufnahme von Resistenz­genen aus der Umgebung, die Bakterien unter­einander austauschen und dabei weiter­geben. Bakterien können mehrere Resistenz­gene aufnehmen, die sie gegen verschiedene Antibio­tika schützen. So entstehen mehrfach- bzw. multi­resistente Erreger (MRE), die einer Vielzahl von Antibiotika widerstehen können.

Durch den Einsatz von Antibio­tika entsteht ein Selek­tions­druck: Bakterien­stämme, die eine Resistenz gegenüber dem Antibio­tikum besitzen, überleben, können sich weiter vermehren und ausbreiten. Wenn Anti­biotika zu oft, über einen zu langen Zeitraum oder unsach­gemäß angewandt werden, begünstigt das die Entstehung und Verbreitung von resistenten Erregern. Ein wichtiger Ansatz zur Verringerung von Antibiotika­resistenzen ist daher der gezielte Einsatz von Antibiotika.

Stand: 16.11.2018

Welche Klassen von Antibiotika gibt es?

Man unterscheidet zwischen Antibiotika, die bakterizid wirken – also Bakterien vollständig abtöten – und Antibiotika, die bakteriostatisch sind, also die Vermehrung von Bakterien hemmen. Weiterhin wirken Antibiotika an verschiedenen Zielstrukturen von Bakterien – beispielsweise direkt am Erbgut oder an der Zellwand – und werden, je nach Wirkungsort, in Klassen unterteilt.

Antibiotikaklassen, die bakterizid wirken:

  • Beta-Laktame, z.B. Penicillin, Carbapeneme, Cephalosporin
  • Aminoglykoside, z.B. Streptomycin
  • Glykopeptid-Antibiotika, z.B. Vancomycin
  • Ansamycine, z.B. Rifamycin
  • Streptogramine, z.B. Pristinamycin
  • Chinolone, z.B. Ciprofloxacin
  • Lipopeptide, z.B. Daptomycin

Antibiotikaklassen, die bakteriostatisch wirken:

  • Sulfonamide, z.B. Sulfanilamid
  • Tetracycline, z.B. Tetracyclin
  • Makrolide, z.B. Azythromycin
  • Oxazolidinone, z.B. Linezolid
  • Chloramphenicol

Stand: 16.11.2018

Wo kommen resistente oder multiresistente Erreger vor?

Resistente oder multiresistente Erreger können durch direkten oder indirekten Kontakt zwischen Menschen, zwischen Menschen und Tieren und auch aus der Umwelt übertragen werden. Die Vermehrung resistenter Erreger wird nach Einnahme von Antibiotika im Darm begünstigt (Selektionsdruck). Resistenzgene können zudem zwischen Bakterien ausgetauscht werden, z.B. in Biofilmen oder auch im Darm. Auch wenn man selbst dadurch nicht krank wird, können resistente Bakterien ausgeschieden und weiter übertragen werden.

Gesundheitswesen

In Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen besteht ein erhöhtes Risiko, sich mit einem resistenten oder multiresistenten Erreger anzustecken. Zum einen besteht wie oben beschrieben ein erhöhter Selektionsdruck durch Antibiotikaanwendung, so dass in medizinischen Einrichtungen das Auftreten resistenter Erreger wahrscheinlicher ist als außerhalb. Zum anderen haben Patienten mit Immunsuppression oder nicht-intakter Haut (z.B. OP-Wunden oder einliegender Katheter) ein erhöhtes Risiko für das Eindringen von Erregern (unabhängig davon, ob die Erreger resistent sind oder nicht).

Lebensmittel

Nahrungsmittel – Fleisch oder pflanzliche Produkte – können unter Umständen eine Quelle für resistente und multiresistente Erreger sein (siehe auch „Welche Rolle spielt die Antibiotika-Anwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?“ und Informationen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und des Bundesinstituts für Risikobewertung).

Landwirtschaft

Landwirte und Tierärzte, die Kontakt mit Tieren im Stall oder auf dem Hof haben, sind häufiger mit resistenten oder multiresistenten Erregern besiedelt als der Rest der Bevölkerung und können diese Erreger auch weiterverbreiten. Familienmitglieder haben daher im Verhältnis zur allgemeinen Bevölkerung ein erhöhtes Risiko, mit multiresistenten Erregern wie MRSA besiedelt zu sein. Bei gesunden Menschen führt eine Besiedelung in der Regel aber nicht zu einer Erkrankung. Auch so genannte Begleittiere wie Hunde, Katzen und Pferde können mit solchen Erregern besiedelt sein und diese auf Menschen in ihrer Umgebung übertragen (siehe auch „Welche Rolle spielt die Antibiotika-Anwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?“ und Informationen des Bundesinstituts für Risikobewertung, des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit).

Umwelt

Auch in der Natur kommen (multi-)resistente Erreger vor. Sie werden bei Wildtieren und Wildvögeln nachgewiesen, sind aber auch in Seen, Flüssen und im Boden (Grundwasser, Erdreich, Abwasser) zu finden und können über entsprechenden Kontakt auf Menschen übertragen werden. Siehe auch „Welche Rolle spielen antibiotikaresistente Keime in Gewässern?“ und Informationen des Umweltbundesamtes.

Reisen:

Durch die wachsende Mobilität können Infektionserreger – darunter auch resistente Erreger – leichter von Land zu Land übertragen werden. Studien zeigen, dass bis zu 30% der Reiserückkehrer aus Regionen mit hoher ESBL-Prävalenz (z.B. Asien und indischer Subkontinent) mit ESBL-bildenden E. coli kolonisiert sind. In einer Untersuchung schieden mehr als die Hälfte von Asien-Reiserückkehrern nach Deutschland, die an Durchfall litten, ESBL-E.-coli mit dem Stuhl aus. In Europa berichtet das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten von einer hohen Prävalenz Carbapenemase bildender Klebsiella pneumoniae in Griechenland, Italien und Rumänien.

Stand: 21.11.2016

Wie viele Infektionen werden durch multiresistente Erreger verursacht?

2018 hat das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) eine Studie zur Krankheitslast durch multiresistente Erreger (MRE) für ganz Europa veröffentlicht, an der auch Wissenschaftler des RKI beteiligt waren. Die Studie basiert auf europaweiten Zahlen aus dem Jahr 2015. Den Hochrechnungen zufolge erkranken in Europa jedes Jahr ca. 670.000 Menschen an Infektionen durch MRE. In Deutschland sind es rund 54.500 Menschen pro Jahr. Etwa zwei Drittel dieser Infektionen steht nach Angaben der Autoren mit einer medizinischen Behandlung in Zusammenhang.

Literatur:

Stand: 16.11.2016

Wie viele Krankenhaus­infektionen werden durch multi­resistente Erreger verursacht?

In Deutschland treten schätzungs­weise 400.000 bis 600.000 noso­ko­miale Infek­tionen pro Jahr auf. Nur ein Teil davon geht auf antibiotika­resistente Erreger zurück. Anhand der Daten der Anti­bio­tika-Resis­tenz-Sur­veil­lance (ARS) des RKI und der Prävalenz­erhebung von 2011 lässt sich schätzen, dass im Jahr 2013 circa 6% durch multi­resistente Erreger (MRE) bedingt waren. Bei einem Mittelwert von 500.000 noso­ko­mialen Infek­tionen pro Jahr bedeutet das: 11.000 Infek­tionen würden durch Methi­cillin-resistente Staphylo­coccus aureus (MRSA), 4.000 Infek­tionen durch Vanco­mycin-resistente Entero­kokken (Entero­coccus faecalis und Enterococcus faecium), 8.000 Infektionen durch multire­sistente Escherichia coli, 2.000 Infektionen durch multi­resistente Kebsiella pneumoniae und etwa 4.000 Infek­tionen durch multiresistente Pseudo­monas aeruginosa verursacht. Die fünf wichtigsten multi­resistenten Erreger führten damit zu etwa 29.000 noso­ko­mialen Infektionen. Werden zusätzlich weitere Erreger­arten berück­sichtigt, kommt man auf 30.000 bis 35.000 noso­ko­mialen Infektionen mit MRE pro Jahr in Deutschland.

1.500 Fälle bzw. 0,3% aller nosokomialen Infektionen in Deutschland gehen auf multi­resistente Erreger zurück, die gegen fast alle Anti­bio­tika­klassen resistent sind.

Literatur:

Stand: 16.11.2018

Wie viele Todesfälle gehen auf antibiotikaresistente Erreger zurück?

Im Rahmen einer 2018 veröffentlichten Studie des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zur Krankheitslast durch multiresistente Erreger wurde die Zahl der Todesfälle sowohl für Deutschland als auch für die gesamte Europäische Union berechnet. Der Studie zufolge sterben hierzulande ca.2.400 Menschen pro Jahr an einer Infektion durch MRE, in Europa sind es insgesamt ca. 33.000.

Petra Gastmeier, Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für die Surveillance von nosokomialen Infektionen, und Kollegen haben die Zahl der Todesfälle mit multiresistenten Erregern geschätzt, die jedes Jahr ausschließlich im Krankenhaus erworben werden. 2016 schrieben sie dazu in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift:

"Zur Häufigkeit von nosokomialen Infektionen und Infektionen durch multiresistente Erreger (MRE) in Deutschland kursieren unterschiedliche Angaben. […] Etwa 30.000 bis 35.000 Patienten entwickeln eine nosokomiale Infektion mit einem multiresistenten Erreger (MRE). Aktuell gibt es keine belastbaren Daten, wie viele Todesfälle durch nosokomiale MRE-Infektionen bedingt sind. Nach derzeit bestmöglicher Schätzung dürfte diese Zahl zwischen 1.000 und 4.000 liegen."

Literatur:

Stand: 16.11.2018

Welche antibiotika­resistenten Erreger breiten sich besonders stark aus?

Nachdem die letzten Jahr­zehnte durch eine zu­nehmende Aus­breitung gram­positiver noso­ko­mialer Infektions­erreger wie Methi­cillin-resis­tente Staphy­lo­kokken (MRSA) ge­kenn­zeichnet waren, wurde in den letzten Jahren auch eine Zunahme der Resistenzen bei gram­negativen Stäbchen-Bakterien beob­achtet, wie bei­spiels­weise die Resistenz von Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae gegen­über bestimmten Klassen von Antibiotika, z.B. Cephalosporine der 3. Generation oder Carbapeneme. Unter anderem durch zahlreiche Maß­nahmen im Bereich Infektions­prävention und Kranken­haus­hygiene wurde in den letzten Jahren eine weitere Zunahme von Methi­cillin-resistenten Staphylo­kokken verhindert, zuletzt wurde sogar ein Rückgang verzeichnet.

Stand: 16.11.2016

Hat die Antibiotika­anwendung in Kranken­häusern zugenommen?

Laut Prävalenzstudie von 2016 erhielt etwa jeder fünfte Krankenhaus-Patient (21,5%) zum Zeit­punkt der Studie Antibiotika. Dieser Wert ist gegenüber der Prävalenz­studie von 2011 konstant geblieben; gegenüber der ersten Prävalenz­studie aus dem Jahr 1994 hat der Wert zugenommen – damals wurden nur bei 17,7% der Patienten Anti­biotika eingesetzt. Bei der Inter­pre­tation der Ergeb­nisse muss beachtet werden, dass einige Patienten­charak­teristika sich im Verlauf der Zeit geändert hatten: unter anderem hat das Durch­schnitts­alter der Kranken­haus­patienten seit 1994 zu­ge­nommen, während die Verweil­dauer der Patienten im Kranken­haus im selben Zeit­raum ab­ge­nommen hat. Bei den Antibiotika­anwendungen fällt – wie bereits bei der Erhebung 2011 – der hohe Anteil von peri­ope­ra­tiven (das heißt vor, während und nach einer Operation verabreichten) Antibiotika-Prophylaxen auf, die häufig auch länger als empfohlen gegeben wurden.

Literatur:

Stand: 14.11.2017

Wie wird die Ausbrei­tung antibiotika­resistenter Erreger am RKI erfasst?

Mit der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) hat das RKI die Infra­struktur für eine flächen­deckende Über­wachung anti­bio­ti­ka­resis­tenter Erreger imple­men­tiert. Das Ziel von ARS ist es, Daten zu Vor­kommen und Ver­breitung der Anti­biotika-Resis­tenz in Deutsch­land für den ambu­lanten und den statio­nären Bereich zu erheben. ARS ist konzipiert als labor­ge­stütztes Surveil­lance-System zur konti­nuier­lichen Er­hebung von Resis­tenz­daten für das gesamte Spektrum klinisch relevanter bakterieller Erreger. Da Wissenschaftler davon ausgehen, dass die Resistenzlage wesentlich vom Einsatz der Antibiotika abhängt, beobachtet das RKI auch den Verbrauch von Antibiotika (AVS) in Kliniken. Die Daten von Antibiotikaverbrauch und aufgetretenen Resistenzen in Krankenhäusern werden in einem RKI-Projekt (ARVIA) in Bezug zueinander ausgewertet.

Die Nationalen Referenz­zentren (NRZ), die vom RKI in Ab­stimmung mit dem Bundes­ministerium für Gesund­heit (BMG) berufen und finanziell gefördert werden, berichten regel­mäßig zur Epide­mio­logie von resis­tenten Erregern und noso­komialen Infektionen. Hier sind ins­be­sondere das NRZ für die Sur­veil­lance noso­ko­mialer Infek­tionen, das NRZ für Staphy­lo­kokken und Entero­kokken und das NRZ für gram­nega­tive Kranken­haus­erreger zu nennen.

Zur Überwachung von MRSA-Infek­tionen besteht seit 2009 eine Melde­pflicht im Rahmen des Infektions­schutz­ge­setzes für Labor­nach­weise aus Blut und Rücken­marks­flüssig­keit (Liquor). Zudem besteht eine Melde- und Über­mittlungs­pflicht für noso­komiale Aus­brüche. Die Melde­daten zu MRSA-Fällen können in einer inter­aktiven Daten­bank, SurvStat@RKI 2.0, öffent­lich zugänglich abgerufen werden.

Auch zur Überwachung der carba­penem-nicht-empfind­lichen Enterobacterales und Acineto­bacter spp. existiert seit Mai 2016 eine Meldepflicht von Infek­tionen und Koloni­sationen. Diese Daten können ebenfalls über SurvStat@RKI 2.0 abgerufen werden.

Stand: 15.11.2019

Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?

Der Anteil des Einsatzes von Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren am Resistenzproblem beim Menschen lässt sich gegenwärtig noch nicht genau beziffern und kann auch bei den einzelnen für den Menschen bedeutsamen Erregern, Resistenz(gen)en und Tierarten unterschiedlich sein.

Es ist unstrittig, dass bestimmte resistente Bakterien oder ihre Resistenz­gene aus dem Bereich der Landwirtschaft (wie etwa der Tiermast) auf den Menschen übertragen werden können. Genauere Daten gibt es für den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus, MRSA. Der bei konventionell gehaltenen Masttieren (Schweine, Rinder, Geflügel) vorwiegend als Besiedler weit verbreitete Livestock-assoziierte MRSA CC398 (LA-MRSA CC398) besiedelt vor allem Menschen mit beruflichen Kontakten zu diesen Tieren und tritt auch als Infektionserreger bei Menschen auf. Dementsprechend gibt es in Deutschland regionale Unterschiede. In Regionen mit einer hohen Dichte an Mastanlagen stieg der Anteil von LA-MRSA CC398 unter allen MRSA aus Infektionen beim Menschen auf rund 10% an.

Bei mehrfachresistenten Darmbakterien ist die Situation weniger klar. Diese Bakterien bilden Enzyme, die sogenannten Extended Spectrum Beta-Lacta­masen (ESBL), die eine wichtige Gruppe von Antibiotika unwirksam machen können. Studien zeigten eine Verbreitung über alle Altersgruppen von 4-8% ESBL-bildenden Escherichia (E.) coli im Darm der Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Die molekulare Typisierung der Resistenzgene zeigte, dass die Hälfte dieser resistenten E. coli eine ESBL-Variante bilden, die fast aus­schließ­lich beim Menschen vorkommt und durch den Antibiotikaeinsatz im ambulanten Bereich und im Krankenhaus selektiert werden kann. Circa 5% der humanen ESBL-E.-coli stammen vom Tier, wie vegleichende Erbgutanalysen zeigen. Der Anteil der E. coli mit ESBL-Varianten, die sowohl beim Menschen als auch beim Tier bzw. Tierprodukt vorkommen, liegt bei 25-30%. Eine Aufnahme über (ungekochte) Lebensmittel wäre somit möglich, weshalb der Küchenhygiene besondere Bedeutung zukommt. Ausführliche Informationen zum Thema Lebensmittelsicherheit und Antibiotikaresistenzen sind beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) abrufbar (www.bfr.bund.de > A-Z Index > Antibiotikaresistenz). Beim BfR ist auch ein Verbrauchermerkblatt zum Thema Schutz vor Lebensmittelinfektionen zu finden.

Für den Erwerb ESBL-bildender Bakterien spielen auch Auslandsreisen eine Rolle. Mehrere Studien zeigten, dass bis zu 30% der Reiserückkehrer aus Regionen mit hoher ESBL-Prävalenz (z.B. Asien und indischer Subkontinent) mit ESBL-bildenden E. coli kolonisiert sind. In einer Untersuchung schieden mehr als die Hälfte von Asien-Reiserückkehrern nach Deutschland, die an Durchfall litten, ESBL-E.-coli mit dem Stuhl aus.

Problematisch ist, dass nicht nur resistente Stämme weitergegeben werden, sondern auch die Resistenzgene zwischen verschiedenen bakteriellen Spezies ausgetauscht werden können. Welche Rolle der Austrag resistenter Bakterien und ihrer Resistenzgene aus Mastanlagen (z.B. Gülle, Immission von Staub) als Reservoir von Antibiotikaresistenzen hat, ist noch Gegenstand von Untersuchungen. Es ist sicher, dass die Humanmedizin durch breite Anwendung von Antibiotika eigene Resistenzprobleme schafft. In der Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie (DART) stehen daher sowohl die Landwirtschaft als auch die Humanmedizin im Mittelpunkt.

Stand: 15.05.2017

Welche Rolle spielen antibiotika­resistente Keime in Gewässern?

Es ist schon länger bekannt, dass antibiotikaresistente Erreger in der Umwelt – unter anderem in Gewässern – vorkommen und sich dort auch ausbreiten können. Auch die Gene, die Resistenzeigenschaften verleihen, können in der Umwelt vorkommen. Im Jahr 2017 wurde aus Hessen ein Fall berichtet, in dem eine Person, die länger in einem Bach gelegen hatte und zu ertrinken drohte, offenbar resistente Keime aufgenommen hat (siehe z.B. Äußerungen des Gesundheitsamt Frankfurt im Deutschen Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/76687/Frankfurter-Uniklinikum-Multiresistenter-Erreger-von-Patient-eingeschleppt). Die Bewertung von Infektionsrisiken in Gewässern ist Aufgabe des Umwelt­bundesamtes und der entsprechenden Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene.

Gewässeruntersuchungen der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Gießen (gemeinsam mit dem NDR) haben gezeigt, dass das Resistenzgen mcr1 offenbar häufig in der Umwelt vorkommt. Dieses Resistenzgen ist seit einigen Jahren bekannt, es wurde jedoch in Deutschland selten bei vom Menschen isolierten Erregern nachgewiesen. Bakterien, die mcr1 in sich tragen, sind resistent gegen das wichtige Reserve-Antibiotikum Colistin, das in der Nutztier­haltung häufig verwendet wird (siehe auch "Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?"). Darüber hinaus wurden Erreger gefunden, die gegen Carbapeneme resistent sind. Die im Februar 2018 veröffentlichten Ergebnisse der TU Dresden und des Universitätsklinikums Gießen sind überraschend und sollten Anlass für weitere Untersuchungen geben.

Fragen zum Eintrag von antibiotikaresistenten Krankheitserregern aus unterschiedlichen Risiko­bereichen und die Entwicklung von Maßnahmen zum Risiko­management waren bzw. sind Inhalt mehrerer Projekte, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden: Im Verbundprojekt „HyReKA“ (Biologische bzw. hygienisch-medizinische relevante Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheits­erreger in klinischen, landwirtschaft­lichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern) etwa werden die Ausbreitung resistenter Erreger über Abwässer aus Krankenhäusern, Tiermast­betrieben und Flughäfen untersucht und Gegenstrategien geprüft (siehe auch www.hyreka.net). An HyReKA sind neben Wissenschaftlern unterschiedlicher Forschungseinrichtungen auch Wasserver- und -entsorger, Industriepartner und Behörden beteiligt. Auch das Konsortium InfectControl 2020 (www.infectcontrol.de), das sich auf nationaler und internationaler Ebene mit der Bekämpfung von Infektionskrankheiten befasst, nimmt den Umgang mit Rückständen in Abwässern in den Blick.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2015 ein Projekt (REDU-Antiresist) zur Wirkung von Abwasser­aufbereitungs­techniken auf die Ausbreitung von Antibiotika­resistenzen gefördert. Die Ergebnisse des Projekts dienen der Bewertung von Abwasser­reinigungs­techniken zur Reduktion klinisch relevanter Infektions­erreger und Determinanten von Antibiotika­resistenzen.

Siehe auch Schönfeld, Schmithausen et al.: "Die Umwelt als Reservoir für Antibiotika­resistenzen", Bundes­gesundheits­blatt, Mai 2018

Stand: 02.05.2018

Was kann man selbst tun, um Antibiotikaresistenzen zu verringern?

Wenn Patienten unnötig Anti­biotika ein­nehmen oder eine anti­bio­ti­sche Be­hand­lung vor­zeitig ab­brechen, kann das dazu führen, dass die Anti­bio­tika ihre Wirk­sam­keit gegen bak­te­rielle Erreger verlieren und dann, wenn es wirklich darauf ankommt, nicht mehr helfen. Infor­ma­tionen darüber, was Patienten bei der Ein­nahme von Anti­bio­tika beachten sollten, sind unter anderem auf den Internet­seiten der Bundes­zentrale für gesund­heit­liche Auf­klärung (BzgA) abrufbar: http://www.bzga.de/antibiotika

Stand: 16.11.2016

Wo kann man sich weiter informieren?

Unter www.rki.de/antibiotikaresistenz sind umfangreiche Informationen für die Fachöffentlichkeit abrufbar. Auch Links zu Bürger-Informationen sind dort abrufbar, unter anderem vom Bundesinstitut für Risikobewertung, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten.

Stand: 16.11.2016

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