Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Krankenhausinfektionen und Antibiotikaresistenz
Stand: 15.11.2019
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Als nosokomiale oder Krankenhausinfektion bezeichnet man Infektionen, die sich Patienten während ihres Aufenthalts in einem Krankenhaus oder bei einer ambulant durchgeführten medizinischen Behandlung zuziehen. Die Gründe für solche Infektionen sind vielfältig. Manche Patienten benötigen invasive Untersuchungen oder Therapien, zum Beispiel mittels Gefäßkatheter, Harnwegskatheter, Ernährungssonden oder künstliche Beatmung, das sind Eintrittswege für Erreger in den Körper. Häufig besiedeln die Erreger zunächst den Patienten auf der Haut oder im Darm, bevor sie eine Infektion verursachen. Hygienemängel, insbesondere die Händehygiene, spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Erreger. Zu den häufigsten Krankenhausinfektionen gehören Lungenentzündungen, Wund- und Harnwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen durch Clostridioides difficile und Sepsis (Blutvergiftung). Ein Teil dieser Infektionen wird durch Erreger verursacht, die gegen Antibiotika resistent sind (siehe Frage " Wie viele Krankenhausinfektionen werden durch multiresistente Erreger verursacht?").
Stand: 15.11.2019
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Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu geschätzten 400.000 bis 600.000 nosokomialen Infektionen und etwa 10.000 bis 20.000 Todesfällen dadurch. Die Zahlen beruhen auf einer Berechnung, die das Robert Koch-Institut gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Berliner Charité (NRZ für Surveillance von nosokomialen Infektionen) im Jahr 2019 veröffentlicht hat.
Die Zahl der Todesfälle in Europa, die auf nosokomiale Infektionen zurückzuführen sind, wird in einer 2016 veröffentlichten Studie des ECDC, an der das Robert Koch-Institut beteiligt war, auf rund 91.000 Fälle pro Jahr geschätzt. Diese Zahl zu berechnen ist eine Herausforderung. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass viele der Betroffenen an schweren Grundkrankheiten leiden, die bereits ohne Krankenhausinfektion häufig zum Tod führen.
Literatur:
- Zacher B et al.: Application of a new methodology and R package reveals a high burden of healthcare-associated infections (HAI) in Germany compared to the average in the European Union/European Economic Area, 2011 to 2012 (Eurosurveillance, November 2019)
- Bericht des ECDC: Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals 2011–2012
- Cassini et al.: Burden of Six Healthcare-Associated Infections on European Population Health: Estimating Incidence-Based Disability-Adjusted Life Years through a Population Prevalence-Based Modelling Study. PLOS Medicine, DOI: 10.1371/journal.pmed.1002150, October 1, 2016
- Gastmeier et al.: Wie viele nosokomiale Infektionen sind vermeidbar? Dtsch Med Wochenschr 2010; 135:91-93
Stand: 15.11.2019
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Im Rahmen einer vom Nationalen Referenzzentrum für Surveillance nosokomialer Infektionen durchgeführten Studie (Prävalenzstudie) in Krankenhäusern wurde im Frühjahr 2016 unter anderem die Zahl der nosokomialen Infektionen in Deutschland erhoben. Die Daten zeigen, dass bei rund 2,5% der Patienten eine während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes erworbene nosokomiale Infektion vorlag. Dieser Wert ist verglichen mit früheren Erhebungen zurückgegangen, allerdings konnte kein Rückgang der Anzahl der nosokomialen Infektionen bezogen auf die Bevölkerung beobachtet werden. Die Krankheitslast in Deutschland liegt sogar etwas über dem europäischen Durchschnitt.
In einer neuen Berechnung, die das Robert Koch-Institut gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Berliner Charité (NRZ für Surveillance von nosokomialen Infektionen) im Jahr 2019 veröffentlicht hat, wurde postuliert, dass die tatsächliche Anzahl der nosokomialen Infektionen in der Bevölkerung von der Anzahl der im Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten abhängig ist.
Literatur:
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2016 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
- Bericht des ECDC "Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals 2011–2012"
- Zacher B et al.: Application of a new methodology and R package reveals a high burden of healthcare-associated infections (HAI) in Germany compared to the average in the European Union/European Economic Area, 2011 to 2012 (Eurosurveillance, November 2019)
- Rüden, Daschner, Schumacher: Nosokomiale Infektionen in Deutschland - Erfassung und Prävention (NIDEP-Studie), Teil 1: Prävalenz nosokomialer Infektionen, Qualitätssicherung in der Krankenhaushygiene; 1995
Stand: 15.11.2019
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Nach Daten der 2016 durchgeführten Prävalenzstudie sind die häufigsten Erreger von Krankenhausinfektionen Escherichia coli, Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium, Clostridioides difficile und Staphylococcus aureus.
Literatur:
Stand: 15.11.2019
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Bakterien verfügen über die natürliche Fähigkeit, sich gegen Antibiotika, die von anderen Mikroorganismen (wie z.B. Pilzen) produziert werden, zu schützen. So kommen Antibiotikaresistenzen ganz natürlich in der Umwelt vor. Sie entstehen durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch Aufnahme von Resistenzgenen aus der Umgebung, die Bakterien untereinander austauschen und dabei weitergeben. Bakterien können mehrere Resistenzgene aufnehmen, die sie gegen verschiedene Antibiotika schützen. So entstehen mehrfach- bzw. multiresistente Erreger (MRE), die einer Vielzahl von Antibiotika widerstehen können.
Durch den Einsatz von Antibiotika entsteht ein Selektionsdruck: Bakterienstämme, die eine Resistenz gegenüber dem Antibiotikum besitzen, überleben, können sich weiter vermehren und ausbreiten. Wenn Antibiotika zu oft, über einen zu langen Zeitraum oder unsachgemäß angewandt werden, begünstigt das die Entstehung und Verbreitung von resistenten Erregern. Ein wichtiger Ansatz zur Verringerung von Antibiotikaresistenzen ist daher der gezielte Einsatz von Antibiotika.
Stand: 16.11.2018
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Man unterscheidet zwischen Antibiotika, die bakterizid wirken – also Bakterien vollständig abtöten – und Antibiotika, die bakteriostatisch sind, also die Vermehrung von Bakterien hemmen. Weiterhin wirken Antibiotika an verschiedenen Zielstrukturen von Bakterien – beispielsweise direkt am Erbgut oder an der Zellwand – und werden, je nach Wirkungsort, in Klassen unterteilt.
Antibiotikaklassen, die bakterizid wirken:
- Beta-Laktame, z.B. Penicillin, Carbapeneme, Cephalosporin
- Aminoglykoside, z.B. Streptomycin
- Glykopeptid-Antibiotika, z.B. Vancomycin
- Ansamycine, z.B. Rifamycin
- Streptogramine, z.B. Pristinamycin
- Chinolone, z.B. Ciprofloxacin
- Lipopeptide, z.B. Daptomycin
Antibiotikaklassen, die bakteriostatisch wirken:
- Sulfonamide, z.B. Sulfanilamid
- Tetracycline, z.B. Tetracyclin
- Makrolide, z.B. Azythromycin
- Oxazolidinone, z.B. Linezolid
- Chloramphenicol
Stand: 16.11.2018
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Resistente oder multiresistente Erreger können durch direkten oder indirekten Kontakt zwischen Menschen, zwischen Menschen und Tieren und auch aus der Umwelt übertragen werden. Die Vermehrung resistenter Erreger wird nach Einnahme von Antibiotika im Darm begünstigt (Selektionsdruck). Resistenzgene können zudem zwischen Bakterien ausgetauscht werden, z.B. in Biofilmen oder auch im Darm. Auch wenn man selbst dadurch nicht krank wird, können resistente Bakterien ausgeschieden und weiter übertragen werden.
Gesundheitswesen
In Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen besteht ein erhöhtes Risiko, sich mit einem resistenten oder multiresistenten Erreger anzustecken. Zum einen besteht wie oben beschrieben ein erhöhter Selektionsdruck durch Antibiotikaanwendung, so dass in medizinischen Einrichtungen das Auftreten resistenter Erreger wahrscheinlicher ist als außerhalb. Zum anderen haben Patienten mit Immunsuppression oder nicht-intakter Haut (z.B. OP-Wunden oder einliegender Katheter) ein erhöhtes Risiko für das Eindringen von Erregern (unabhängig davon, ob die Erreger resistent sind oder nicht).
Lebensmittel
Nahrungsmittel – Fleisch oder pflanzliche Produkte – können unter Umständen eine Quelle für resistente und multiresistente Erreger sein (siehe auch „ Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?“ und Informationen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und des Bundesinstituts für Risikobewertung).
Landwirtschaft
Landwirte und Tierärzte, die Kontakt mit Tieren im Stall oder auf dem Hof haben, sind häufiger mit resistenten oder multiresistenten Erregern besiedelt als der Rest der Bevölkerung und können diese Erreger auch weiterverbreiten. Familienmitglieder haben daher im Verhältnis zur allgemeinen Bevölkerung ein erhöhtes Risiko, mit multiresistenten Erregern wie MRSA besiedelt zu sein. Bei gesunden Menschen führt eine Besiedelung in der Regel aber nicht zu einer Erkrankung. Auch so genannte Begleittiere wie Hunde, Katzen und Pferde können mit solchen Erregern besiedelt sein und diese auf Menschen in ihrer Umgebung übertragen (siehe auch „ Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?“ und Informationen des Bundesinstituts für Risikobewertung, des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit).
Umwelt
Auch in der Natur kommen (multi-)resistente Erreger vor. Sie werden bei Wildtieren und Wildvögeln nachgewiesen, sind aber auch in Seen, Flüssen und im Boden (Grundwasser, Erdreich, Abwasser) zu finden und können über entsprechenden Kontakt auf Menschen übertragen werden. Siehe auch „ Welche Rolle spielen antibiotikaresistente Keime in Gewässern?“ und Informationen des Umweltbundesamtes.
Reisen:
Durch die wachsende Mobilität können Infektionserreger – darunter auch resistente Erreger – leichter von Land zu Land übertragen werden. Studien zeigen, dass bis zu 30% der Reiserückkehrer aus Regionen mit hoher ESBL-Prävalenz (z.B. Asien und indischer Subkontinent) mit ESBL-bildenden E. coli kolonisiert sind. In einer Untersuchung schieden mehr als die Hälfte von Asien-Reiserückkehrern nach Deutschland, die an Durchfall litten, ESBL-E.-coli mit dem Stuhl aus. In Europa berichtet das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten von einer hohen Prävalenz Carbapenemase bildender Klebsiella pneumoniae in Griechenland, Italien und Rumänien.
Stand: 21.11.2016
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2018 hat das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) eine Studie zur Krankheitslast durch multiresistente Erreger (MRE) für ganz Europa veröffentlicht, an der auch Wissenschaftler des RKI beteiligt waren. Die Studie basiert auf europaweiten Zahlen aus dem Jahr 2015. Den Hochrechnungen zufolge erkranken in Europa jedes Jahr ca. 670.000 Menschen an Infektionen durch MRE. In Deutschland sind es rund 54.500 Menschen pro Jahr. Etwa zwei Drittel dieser Infektionen steht nach Angaben der Autoren mit einer medizinischen Behandlung in Zusammenhang.
Literatur:
Stand: 16.11.2016
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In Deutschland treten schätzungsweise 400.000 bis 600.000 nosokomiale Infektionen pro Jahr auf. Nur ein Teil davon geht auf antibiotikaresistente Erreger zurück. Anhand der Daten der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) des RKI und der Prävalenzerhebung von 2011 lässt sich schätzen, dass im Jahr 2013 circa 6% durch multiresistente Erreger (MRE) bedingt waren. Bei einem Mittelwert von 500.000 nosokomialen Infektionen pro Jahr bedeutet das: 11.000 Infektionen würden durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), 4.000 Infektionen durch Vancomycin-resistente Enterokokken (Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium), 8.000 Infektionen durch multiresistente Escherichia coli, 2.000 Infektionen durch multiresistente Kebsiella pneumoniae und etwa 4.000 Infektionen durch multiresistente Pseudomonas aeruginosa verursacht. Die fünf wichtigsten multiresistenten Erreger führten damit zu etwa 29.000 nosokomialen Infektionen. Werden zusätzlich weitere Erregerarten berücksichtigt, kommt man auf 30.000 bis 35.000 nosokomialen Infektionen mit MRE pro Jahr in Deutschland.
1.500 Fälle bzw. 0,3% aller nosokomialen Infektionen in Deutschland gehen auf multiresistente Erreger zurück, die gegen fast alle Antibiotikaklassen resistent sind.
Literatur:
- Gastmeier, Fätkenheuer: Dilemma mit Begriffen und Zahlen. Deutsches Ärzteblatt, April 2015
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2011 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
Stand: 16.11.2018
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Im Rahmen einer 2018 veröffentlichten Studie des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zur Krankheitslast durch multiresistente Erreger wurde die Zahl der Todesfälle sowohl für Deutschland als auch für die gesamte Europäische Union berechnet. Der Studie zufolge sterben hierzulande ca.2.400 Menschen pro Jahr an einer Infektion durch MRE, in Europa sind es insgesamt ca. 33.000.
Petra Gastmeier, Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für die Surveillance von nosokomialen Infektionen, und Kollegen haben die Zahl der Todesfälle mit multiresistenten Erregern geschätzt, die jedes Jahr ausschließlich im Krankenhaus erworben werden. 2016 schrieben sie dazu in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift:
"Zur Häufigkeit von nosokomialen Infektionen und Infektionen durch multiresistente Erreger (MRE) in Deutschland kursieren unterschiedliche Angaben. […] Etwa 30.000 bis 35.000 Patienten entwickeln eine nosokomiale Infektion mit einem multiresistenten Erreger (MRE). Aktuell gibt es keine belastbaren Daten, wie viele Todesfälle durch nosokomiale MRE-Infektionen bedingt sind. Nach derzeit bestmöglicher Schätzung dürfte diese Zahl zwischen 1.000 und 4.000 liegen."
Literatur:
- Attributable deaths and disability-adjusted life-years caused by infections with antibiotic-resistant bacteria in the EU and the European Economic Area in 2015: a population-level modelling analysis (Lancet Infectious Diseases, 5.11.2018)
- Gastmeier et al: Nosokomiale Infektionen und Infektionen mit multiresistenten Erregern - Häufigkeit und Sterblichkeit, DMW 2016; 141: 421-426
Stand: 16.11.2018
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Nachdem die letzten Jahrzehnte durch eine zunehmende Ausbreitung grampositiver nosokomialer Infektionserreger wie Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) gekennzeichnet waren, wurde in den letzten Jahren auch eine Zunahme der Resistenzen bei gramnegativen Stäbchen-Bakterien beobachtet, wie beispielsweise die Resistenz von Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae gegenüber bestimmten Klassen von Antibiotika, z.B. Cephalosporine der 3. Generation oder Carbapeneme. Unter anderem durch zahlreiche Maßnahmen im Bereich Infektionsprävention und Krankenhaushygiene wurde in den letzten Jahren eine weitere Zunahme von Methicillin-resistenten Staphylokokken verhindert, zuletzt wurde sogar ein Rückgang verzeichnet.
Stand: 16.11.2016
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Laut Prävalenzstudie von 2016 erhielt etwa jeder fünfte Krankenhaus-Patient (21,5%) zum Zeitpunkt der Studie Antibiotika. Dieser Wert ist gegenüber der Prävalenzstudie von 2011 konstant geblieben; gegenüber der ersten Prävalenzstudie aus dem Jahr 1994 hat der Wert zugenommen – damals wurden nur bei 17,7% der Patienten Antibiotika eingesetzt. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass einige Patientencharakteristika sich im Verlauf der Zeit geändert hatten: unter anderem hat das Durchschnittsalter der Krankenhauspatienten seit 1994 zugenommen, während die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus im selben Zeitraum abgenommen hat. Bei den Antibiotikaanwendungen fällt – wie bereits bei der Erhebung 2011 – der hohe Anteil von perioperativen (das heißt vor, während und nach einer Operation verabreichten) Antibiotika-Prophylaxen auf, die häufig auch länger als empfohlen gegeben wurden.
Literatur:
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2016 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
- Rüden, Daschner, Schumacher: Nosokomiale Infektionen in Deutschland - Erfassung und Prävention (NIDEP-Studie), Teil 1: Prävalenz nosokomialer Infektionen, Qualitätssicherung in der Krankenhaushygiene; 1995
Stand: 14.11.2017
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Mit der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) hat das RKI die Infrastruktur für eine flächendeckende Überwachung antibiotikaresistenter Erreger implementiert. Das Ziel von ARS ist es, Daten zu Vorkommen und Verbreitung der Antibiotika-Resistenz in Deutschland für den ambulanten und den stationären Bereich zu erheben. ARS ist konzipiert als laborgestütztes Surveillance-System zur kontinuierlichen Erhebung von Resistenzdaten für das gesamte Spektrum klinisch relevanter bakterieller Erreger. Da Wissenschaftler davon ausgehen, dass die Resistenzlage wesentlich vom Einsatz der Antibiotika abhängt, beobachtet das RKI auch den Verbrauch von Antibiotika (AVS) in Kliniken. Die Daten von Antibiotikaverbrauch und aufgetretenen Resistenzen in Krankenhäusern werden in einem RKI-Projekt (ARVIA) in Bezug zueinander ausgewertet.
Die Nationalen Referenzzentren (NRZ), die vom RKI in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) berufen und finanziell gefördert werden, berichten regelmäßig zur Epidemiologie von resistenten Erregern und nosokomialen Infektionen. Hier sind insbesondere das NRZ für die Surveillance nosokomialer Infektionen, das NRZ für Staphylokokken und Enterokokken und das NRZ für gramnegative Krankenhauserreger zu nennen.
Zur Überwachung von MRSA-Infektionen besteht seit 2009 eine Meldepflicht im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes für Labornachweise aus Blut und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor). Zudem besteht eine Melde- und Übermittlungspflicht für nosokomiale Ausbrüche. Die Meldedaten zu MRSA-Fällen können in einer interaktiven Datenbank, SurvStat@RKI 2.0, öffentlich zugänglich abgerufen werden.
Auch zur Überwachung der carbapenem-nicht-empfindlichen Enterobacterales und Acinetobacter spp. existiert seit Mai 2016 eine Meldepflicht von Infektionen und Kolonisationen. Diese Daten können ebenfalls über SurvStat@RKI 2.0 abgerufen werden.
Stand: 15.11.2019
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Der Anteil des Einsatzes von Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren am Resistenzproblem beim Menschen lässt sich gegenwärtig noch nicht genau beziffern und kann auch bei den einzelnen für den Menschen bedeutsamen Erregern, Resistenz(gen)en und Tierarten unterschiedlich sein.
Es ist unstrittig, dass bestimmte resistente Bakterien oder ihre Resistenzgene aus dem Bereich der Landwirtschaft (wie etwa der Tiermast) auf den Menschen übertragen werden können. Genauere Daten gibt es für den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus, MRSA. Der bei konventionell gehaltenen Masttieren (Schweine, Rinder, Geflügel) vorwiegend als Besiedler weit verbreitete Livestock-assoziierte MRSA CC398 (LA-MRSA CC398) besiedelt vor allem Menschen mit beruflichen Kontakten zu diesen Tieren und tritt auch als Infektionserreger bei Menschen auf. Dementsprechend gibt es in Deutschland regionale Unterschiede. In Regionen mit einer hohen Dichte an Mastanlagen stieg der Anteil von LA-MRSA CC398 unter allen MRSA aus Infektionen beim Menschen auf rund 10% an.
Bei mehrfachresistenten Darmbakterien ist die Situation weniger klar. Diese Bakterien bilden Enzyme, die sogenannten Extended Spectrum Beta-Lactamasen (ESBL), die eine wichtige Gruppe von Antibiotika unwirksam machen können. Studien zeigten eine Verbreitung über alle Altersgruppen von 4-8% ESBL-bildenden Escherichia (E.) coli im Darm der Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Die molekulare Typisierung der Resistenzgene zeigte, dass die Hälfte dieser resistenten E. coli eine ESBL-Variante bilden, die fast ausschließlich beim Menschen vorkommt und durch den Antibiotikaeinsatz im ambulanten Bereich und im Krankenhaus selektiert werden kann. Circa 5% der humanen ESBL-E.-coli stammen vom Tier, wie vegleichende Erbgutanalysen zeigen. Der Anteil der E. coli mit ESBL-Varianten, die sowohl beim Menschen als auch beim Tier bzw. Tierprodukt vorkommen, liegt bei 25-30%. Eine Aufnahme über (ungekochte) Lebensmittel wäre somit möglich, weshalb der Küchenhygiene besondere Bedeutung zukommt. Ausführliche Informationen zum Thema Lebensmittelsicherheit und Antibiotikaresistenzen sind beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) abrufbar (www.bfr.bund.de > A-Z Index > Antibiotikaresistenz). Beim BfR ist auch ein Verbrauchermerkblatt zum Thema Schutz vor Lebensmittelinfektionen zu finden.
Für den Erwerb ESBL-bildender Bakterien spielen auch Auslandsreisen eine Rolle. Mehrere Studien zeigten, dass bis zu 30% der Reiserückkehrer aus Regionen mit hoher ESBL-Prävalenz (z.B. Asien und indischer Subkontinent) mit ESBL-bildenden E. coli kolonisiert sind. In einer Untersuchung schieden mehr als die Hälfte von Asien-Reiserückkehrern nach Deutschland, die an Durchfall litten, ESBL-E.-coli mit dem Stuhl aus.
Problematisch ist, dass nicht nur resistente Stämme weitergegeben werden, sondern auch die Resistenzgene zwischen verschiedenen bakteriellen Spezies ausgetauscht werden können. Welche Rolle der Austrag resistenter Bakterien und ihrer Resistenzgene aus Mastanlagen (z.B. Gülle, Immission von Staub) als Reservoir von Antibiotikaresistenzen hat, ist noch Gegenstand von Untersuchungen. Es ist sicher, dass die Humanmedizin durch breite Anwendung von Antibiotika eigene Resistenzprobleme schafft. In der Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie (DART) stehen daher sowohl die Landwirtschaft als auch die Humanmedizin im Mittelpunkt.
Stand: 15.05.2017
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Es ist schon länger bekannt, dass antibiotikaresistente Erreger in der Umwelt – unter anderem in Gewässern – vorkommen und sich dort auch ausbreiten können. Auch die Gene, die Resistenzeigenschaften verleihen, können in der Umwelt vorkommen. Im Jahr 2017 wurde aus Hessen ein Fall berichtet, in dem eine Person, die länger in einem Bach gelegen hatte und zu ertrinken drohte, offenbar resistente Keime aufgenommen hat (siehe z.B. Äußerungen des Gesundheitsamt Frankfurt im Deutschen Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/76687/Frankfurter-Uniklinikum-Multiresistenter-Erreger-von-Patient-eingeschleppt). Die Bewertung von Infektionsrisiken in Gewässern ist Aufgabe des Umweltbundesamtes und der entsprechenden Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene.
Gewässeruntersuchungen der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Gießen (gemeinsam mit dem NDR) haben gezeigt, dass das Resistenzgen mcr1 offenbar häufig in der Umwelt vorkommt. Dieses Resistenzgen ist seit einigen Jahren bekannt, es wurde jedoch in Deutschland selten bei vom Menschen isolierten Erregern nachgewiesen. Bakterien, die mcr1 in sich tragen, sind resistent gegen das wichtige Reserve-Antibiotikum Colistin, das in der Nutztierhaltung häufig verwendet wird (siehe auch " Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?"). Darüber hinaus wurden Erreger gefunden, die gegen Carbapeneme resistent sind. Die im Februar 2018 veröffentlichten Ergebnisse der TU Dresden und des Universitätsklinikums Gießen sind überraschend und sollten Anlass für weitere Untersuchungen geben.
Fragen zum Eintrag von antibiotikaresistenten Krankheitserregern aus unterschiedlichen Risikobereichen und die Entwicklung von Maßnahmen zum Risikomanagement waren bzw. sind Inhalt mehrerer Projekte, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden: Im Verbundprojekt „HyReKA“ (Biologische bzw. hygienisch-medizinische relevante Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern) etwa werden die Ausbreitung resistenter Erreger über Abwässer aus Krankenhäusern, Tiermastbetrieben und Flughäfen untersucht und Gegenstrategien geprüft (siehe auch www.hyreka.net). An HyReKA sind neben Wissenschaftlern unterschiedlicher Forschungseinrichtungen auch Wasserver- und -entsorger, Industriepartner und Behörden beteiligt. Auch das Konsortium InfectControl 2020 (www.infectcontrol.de), das sich auf nationaler und internationaler Ebene mit der Bekämpfung von Infektionskrankheiten befasst, nimmt den Umgang mit Rückständen in Abwässern in den Blick.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2015 ein Projekt (REDU-Antiresist) zur Wirkung von Abwasseraufbereitungstechniken auf die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen gefördert. Die Ergebnisse des Projekts dienen der Bewertung von Abwasserreinigungstechniken zur Reduktion klinisch relevanter Infektionserreger und Determinanten von Antibiotikaresistenzen.
Siehe auch Schönfeld, Schmithausen et al.: "Die Umwelt als Reservoir für Antibiotikaresistenzen", Bundesgesundheitsblatt, Mai 2018
Stand: 02.05.2018
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Wenn Patienten unnötig Antibiotika einnehmen oder eine antibiotische Behandlung vorzeitig abbrechen, kann das dazu führen, dass die Antibiotika ihre Wirksamkeit gegen bakterielle Erreger verlieren und dann, wenn es wirklich darauf ankommt, nicht mehr helfen. Informationen darüber, was Patienten bei der Einnahme von Antibiotika beachten sollten, sind unter anderem auf den Internetseiten des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) abrufbar: https://www.bioeg.de/was-wir-tun/schutzimpfungen-und-persoenlicher-infektionsschutz/antibiotika/
Stand: 16.11.2016
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Unter www.rki.de/antibiotikaresistenz sind umfangreiche Informationen für die Fachöffentlichkeit abrufbar. Auch Links zu Bürger-Informationen sind dort abrufbar, unter anderem vom Bundesinstitut für Risikobewertung, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten.
Stand: 16.11.2016